Rheinische Post: Wandel durch Aufrüstung Kommentar Von Michael Bröcker
Düsseldorf (ots)
Deutschland hat Interesse an einer souveränen, stabilen, demokratischen und prosperierenden Ukraine. So begründet die Bundesregierung das umstrittene, 2014 unterzeichnete Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine. Stabil, souverän, prosperierend? Nichts davon ist Realität in dem EU-Nachbarland. Der Konflikt im Ostteil der Ukraine eskaliert. Wenn der Westen die Solidarität mit der Ukraine ernst meint, muss er allmählich über militärische Hilfe nachdenken. Es wäre die logische Antwort auf die Strategie des russischen Präsidenten. Wladimir Putin verknüpft seit Beginn der Krise konsequent Diplomatie mit militärischer Aggression. Er verhandelt mit Merkel, Poroschenko & Co. und lässt zugleich die Separatisten mit schwerem Gerät und militärisch geschultem Personal unterstützen. Satellitenbilder belegen die Waffentransporte an der Grenze. Die Separatisten verfügen längst über moderne russische Luftabwehrsysteme und T-80-Kampfpanzer, und sie erhalten personellen Nachschub, weil Russlands Geheimdienst Freiwillige und Veteranen für den Kampf im Bruderstaat anwirbt. Die Folge: Alleine seit dem Minsker Abkommen haben die Separatisten tausend Quadratkilometer Boden gewonnen. Die ukrainischen Truppen sind hoffnungslos unterlegen. Putins Strategie ist aus seiner Sicht erfolgreich. Warum sollte er sie also ändern? Europas Spitzenpolitiker bleiben ihrer frühen Festlegung treu, dass es keine militärische Hilfe für die Ukraine gibt, obwohl die Dauer-Diplomatie und die Wirtschaftssanktionen bislang offenbar nicht den gewünschten Effekt erzielt haben. Europa poliert sein stumpfes Schwert, während Russland aufrüstet. Wie soll das enden? Man denkt an eine Szene aus einem Film der legendären britischen Komikergruppe Monty Python. Da bietet der schwarze Ritter König Artus gönnerhaft ein Unentschieden an, nachdem der ihm alle Gliedmaße abgetrennt hat. Aber würde die Militarisierung nicht zu einem Krieg in Europa führen? Der Krieg ist doch längst da. Donezk und Mariupol gehören zu Europa. Dort sterben täglich Soldaten und Zivilisten. Die Ukraine-Krise ist bereits eskaliert. Trotz aller diplomatischen Bemühungen. Es wird Zeit, dass der Westen zumindest die militärischen Optionen auf den Tisch legt. Dies tun inzwischen ja nicht nur US-amerikanische Hardliner-Politiker, sondern auch der erfahrene Chef der Münchner Sicherheitskonferenz und frühere Botschafter Wolfgang Ischinger. Schon die Ankündigung der Aufrüstung könnte Putin zum Einlenken bewegen. Könnte. Eine Garantie gibt es nicht.
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