Rheinische Post: KOMMENTAR: Von der Leyen müsste Liebling der SPD sein
Düsseldorf (ots)
Die Sätze hatten Wucht: "Für Deutschland ist ein starkes und geeintes Europa der beste Garant für eine gute Zukunft." So hatte es die SPD im Koalitionsvertrag auf Seite 1 verankern lassen. Das Bekenntnis zu Europa stand erstmals am Anfang des Vertrags. Heute wettert die gleiche SPD gegen eine EU-Personalie, der 27 Staatschefs zugestimmt haben. Geeintes Europa? Die Vorwürfe wegen eines angeblich antidemokratischen Verfahrens sind überdies populistisch und falsch.
Wenn die SPD das Spitzenkandidaten-Prinzip wirklich umsetzen wollte, hätte sie nach dem Wahlsieg von Manfred Weber im Zweifel ihn unterstützen müssen. Die CDU-Kanzlerin hatte wegen der Widerstände gegen Weber auch den Sozialdemokraten Frans Timmermans unterstützt. Wenn aber beide Kandidaten im Parlament keine Mehrheit finden, müssen die Staatsschefs eine neue Person finden. Sie haben das Vorschlagsrecht.
Dass die Kanzlerin eine Frau aus dem eigenen Land präsentiert, hätte in jedem anderen Mitgliedsland zu Applaus geführt. Die SPD schmollte lieber. Anführer der Nörgler war Sigmar Gabriel, der gar den Austritt aus der Regierung forderte. Darauf muss man erstmal kommen. Zumal Ursula von der Leyen stets eine verlässliche Partnerin der SPD war, manche sagen gar, sie sei eine schwarz lackierte Rote. Als Familien- und Arbeitsministerin setzte sie SPD-Forderungen um, etwa den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung. Diese Frau soll der Grund für den Ausstieg aus der Groko sein? Irre! Die SPD sollte auf ihren früheren Bundestagspräsidenten hören. Wolfgang Thierse kalibriert den Kompass der "Europapartei" gerade und warnt vor einem "Eigentor".
Auch die Klagen über das Hinterzimmer sind wohlfeil. Wenn sich eine Partei mit undurchsichtigen Absprachen hinter den Kulissen auskennt, dann die Partei, die in zehn Jahren acht Vorsitzende weggedrängt hat.
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