Rheinische Post: Kommentar: Im Fall Tönnies gibt es nur Verlierer
Düsseldorf (ots)
Das wird man doch noch sagen dürfen. Jetzt muss es doch mal gut sein. Was war denn da so Schlimmes dran? Endlich sagt es mal einer. Jetzt lasst den Mann doch endlich in Ruhe. Das ist eine Sicht auf die Dinge. Die andere: Clemens Tönnies ist ein Rassist und gehört aus dem Amt als Aufsichtsratsvorsitzender des FC Schalke 04 verbannt. Die sogenannte Ethikkommission des DFB hat jetzt gesagt: Tönnies rassistische Äußerungen gegen Afrikaner missbillige man, ein Rassist sei er gleichwohl nicht. Damit wäre eine Sanktionierung eigentlich zwingend gewesen: Denn Sanktionen knüpfen an Handlungen an, nicht an Eigenschaften. Wenn man zum Beispiel einen Polizisten wüst beleidigt, kommt man nicht straffrei davon, wenn man nachweisen kann, sonst ein netter Mensch zu sein. Für einen Schlusspunkt wird das DFB-Votum nicht sorgen. Man gewinnt allerdings mehr und mehr den Eindruck, dass es vielen nur noch darum geht, Tönnies endlich fallen zu sehen. Der hat sich definitiv ins Abseits geredet. Er hat die Dimension seiner Worte zunächst total unterschätzt und den Zugriff komplett verloren. Er hat sich wiederholt entschuldigt. Ob man ihm glaubt oder nicht - das ist vor allem eine sehr persönliche Entscheidung. Am Ende müssen über die unmittelbaren Konsequenzen zuvorderst die Mitglieder der Königsblauen bestimmen. Die hätten die Möglichkeit, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen und über Tönnies' Zukunft zu entscheiden. Der Umgang mit Rassismus in Fußball-Stadien ist gewiss nicht einfacher geworden. Menschen können sich ermutigt fühlen, Dinge zu sagen, ohne größere Konsequenzen zu befürchten. Eine Entschuldigung, und alles ist wieder gut? Mitnichten. Tönnies ist durch die öffentliche Vorführung gehörig bestraft worden. Er hat eine zweite Chance verdient.
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