Rheinische Post: Die Grünen zielen aufs Kanzleramt Kommentar Von Eva Quadbeck
Düsseldorf (ots)
Gerhard Schröder rüttelte alleine am Zaun des Kanzleramts und soll dabei bekundet haben: Ich will hier rein. Bei den Grünen hat man den Eindruck, dass eine ganze Partei ruft: Wir wollen übernehmen. Vom Bielefelder Parteitag geht das Signal aus, dass die Grünen den Kampf um Platz eins in der Parteienlandschaft aufnehmen werden. Konkret formulieren sie diesen Anspruch zwar noch nicht. Aber die Vorbereitungen laufen. Dem Klimaschutz haben sie längst die Themen Soziales und Wirtschaft hinzugefügt, auch um sich neue Milieus zu erschließen. In einer sich verändernden Parteienlandschaft, in der die Volksparteien im Sinkflug sind, definieren die Grünen sich nun als Bündnispartei - was man als neuen Typ der Volkspartei interpretieren kann. Inhaltlich sind sich die Grünen treu geblieben. Ihr Programm ist weiter links und ökologisch, wie auch die sehr weitgehenden Beschlüsse zum Mindestlohn, zum Wohnen und zum Klima zeigen. Ihre Art, aufzutreten und ihre Inhalte zu kommunizieren, ist aber ungleich smarter, verbindlicher, pragmatischer geworden. Wenn das Thema Klima in der Gesellschaft so zentral bleibt, wie es aktuell der Fall ist, muss man damit rechnen, dass die Grünen Teil der nächsten Bundesregierung werden. Die Frage ist, ob mit der Union im Bunde oder als Anführer einer grün-rot-roten Regierung. Schon zwei Jahre vor dem offiziellen Ende der Kanzlerschaft gibt es eine große Sehnsucht in der Bevölkerung nach neuem Aufbruch. Die Parteienlandschaft ist aber so volatil geworden, dass sich unmöglich prognostizieren lässt, in welche Richtung sich der Wunsch nach Aufbruch entwickelt. Wahrscheinlich aber ist, dass die Grünen einen Kanzlerkandidaten brauchen.
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