Kommentar
Joe Biden muss jetzt Brücken bauen = Von Frank Herrmann
Düsseldorf (ots)
Nein, man kann einen Wettbewerb nicht für beendet erklären, bevor er tatsächlich beendet ist. Kandidat der Demokratischen Partei fürs Weiße Haus wird, wer die Mehrheit der Mandate jener Delegierten gewinnt, die auf einem Parteitag im Juli den Herausforderer von Donald Trump offiziell küren. Joe Biden hat die magische Marke von 1991 Stimmen noch nicht erreicht. Schon deshalb kann die Partei seinen Kontrahenten Bernie Sanders nicht zwingen, das Handtuch zu werfen, um schon jetzt gemeinsam für den herbstlichen Kampf gegen Trump zu trainieren. Und doch: An Bidens Sieg kann es eigentlich keinen Zweifel mehr geben.
An diesem Dienstag, an dem in sechs Bundesstaaten Vorwahlen stattfanden, ist wie schon am "Super Tuesday" deutlich geworden, wo für die meisten US-Demokraten die Prioritäten liegen. Sie sehnen ein Ende der Präsidentschaft Donald Trumps so sehr herbei, dass sie bereit sind, mit Joe Biden an der Spitze zu etwas zurückzukehren, was man die alte Ordnung nennen könnte. Und mit Biden einen Bewerber aufzustellen, der zwar keinen begeistert, der sich bisweilen sogar peinliche Wortpatzer leistet, der aber nach fast 50 Jahren im Politikbetrieb Washingtons über so viel Erfahrung verfügt, dass man ihm zutraut, in Zeiten akuter Verunsicherung das Ruder des Staatsschiffs zu übernehmen.
Nur: Sanders hat Probleme thematisiert, die vielen Amerikanern auf den Nägeln brennen. Eine Krankenversicherung für alle, Universitäten ohne Studiengebühren: Es sind Projekte, für die sich an der Basis der Demokraten klare Mehrheiten finden. Biden wird sie so wenig ausblenden können, wie er auf die Unterstützung der Parteilinken verzichten kann. Um Trump zu besiegen, muss er jetzt vor allem Brücken zu den jungen Fans seines Widersachers bauen.
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