Politik muss sich bei Thyssen ehrlich machen Kommentar Von Antje Höning
Düsseldorf (ots)
Der Kampf der Stahlkocher um ihre Arbeitsplätze und das historische Erbe von Thyssenkrupp ist beeindruckend. Weder ihre Zustimmung zum Stellenabbau noch zum Verkauf des Aufzuggeschäfts reichte aus, damit der Konzern wieder Wasser unter den Kiel bekommt, wie Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz gehofft hatte. Das Missmanagement ihrer Vorgänger von Ekkehard Schulz bis Guido Kerkhoff haben den Traditionskonzern leckschlagen lassen. So leck, dass Profiteure wie der Aufsteiger Liberty Steel angelockt werden. Die IG Metall setzt nun auf ein bewährtes Rezept: Fusion in Deutschland. Bislang hat dies der Salzgitter-Chef verhindert. Doch nun hat Salzgitter den Chefwechsel eingeläutet, damit geht die Tür für die Deutsche Stahl AG wieder auf. Die Branche war schon immer sehr zyklisch. Schon aus mancher Krise hat sie sich durch Fusionen und den anschließenden Abbau von Hochöfen und Jobs gekämpft: Krupp übernahm Hoesch, fusionierte dann mit Thyssen. Die Ehe mit Salzgitter wäre der letzte Akt des Dramas. Einen nationalen Stahlkonzern müsste der Staat ebenso retten wie die nationale Fluggesellschaft Lufthansa, kalkuliert die IG Metall. Jetzt ist die Politik gefordert, sich ehrlich zu machen. Wirtschaftsminister Altmaier wie Ministerpräsident Laschet haben den Stahlkochern immer wieder Unterstützung zugesichert. Einen Einstieg des Staates lehnen sie aus guten Gründen aber ab. Doch worin besteht ihre Unterstützung dann? Staatshilfe unter dem Deckmantel des grünen Umbaus fließen zu lassen? Den Aufbau der Deutschen Stahl AG zu finanzieren? Und wie geht das in einem ordnungspolitisch sauberen Rahmen? Von Laschet-Sätzen wie "Stahl ist systemrelevant" haben die Stahlkocher ebenso wenig wie Krankenschwestern von Applaus. Die Belegschaft hat Wahrheiten verdient, auch harte Wahrheiten.
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