Rheinische Post: Gelinde Gedanken
Düsseldorf (ots)
Von Torsten Casmimir
Politikerunterredungen im Fernsehen verlaufen oft furchtbar künstlich. Erstens künstlich in der Sache: Denn die Diskussion, so fordern mutlose Moderatoren, müsse schlicht gehalten werden, damit die Zuschauer ihr folgen könnten (nebenbei eine liebreizende Publikumsbeleidigung). Vor allem aber führt das Erschrecken vor dem Schwierigen dazu, dass man die Probleme gar nicht bespricht - so wieder im ZDF zu besichtigen, als die TV-Frager selbst zentrale Begriffe einer Gesundheitsreform für Quotenkiller hielten und man eilig um gelinde Gedanken bat. Gespräche dieser Art sind zweitens künstlich im Menschlichen. Alles überreglementiert, Frage- und Rederechte zuvor penibel kalkuliert, bloß keine Überraschungen. Die ganze Blase schwimmt und blubbert gleichsam in betonierten Flussbetten. Nichts darf für ein Weilchen mal mäandern. Wer Politiker vor allem aus dem Fernsehen kennt und nur gelegentlich welche wirklich erlebt, staunt, wie unterschiedlich die Eindrücke sind. Dort die Sprechmaschinen; hier die Werbenden, Wägenden, mit Lust Argumentierenden. Gern wird geargwöhnt, Politiker bemächtigten sich des Fernsehens. Aber auch im Gegenteil steckt Wahrheit: Das Fernsehen bemächtigt sich der Politiker - und sendet Millionen Menschen ein Zerrbild.
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