Rheinische Post: Kämpferischer Abschied
Düsseldorf (ots)
Von Stefan Reker
Für die "notwendige Fortsetzung der Reformen" brauche er eine klare Unterstützung, mit diesen Worten hat der Bundeskanzler am 22. Mai die vorgezogene Neuwahl begründet. Wie seine weiteren Reformen aussehen sollen, dazu sagte Gerhard Schröder gestern beim SPD-Wahlparteitag kaum ein Wort. Nach dieser Rede hätte er, falls er denn Kanzler bliebe, keine Legitimation in der SPD für einen Reformkurs entlang der Logik seiner Agenda 2010. Schröder lief rhetorisch zu Höchstform auf. Es war die Rede eines Oppositionellen, der gegen die "Merkel-Politik" kämpfte, als ginge es um den Untergang Deutschlands. Er sprach mehr über Pläne "der anderen" als über eigene. Ohne seine Attacken auf Angela Merkels Finanz-Experten Paul Kirchhof wäre Schröders Rede wohl um die Hälfte kürzer gewesen. In der Fassade des munteren Wahlkämpfers wurden zudem Risse sichtbar. Bittere Töne über eine "unheilige Allianz aus Meinungsforschern und Meinungsmachern", mit denen er schon am Vorabend seine Parteifreunde irritierte, passen nicht zum Image des Medienkanzlers. So reden Verlierer. Er glaubt selbst nicht mehr, dass er noch Siegeschancen hat. Doch niemand soll sagen können, Schröder habe nicht gekämpft. Gestern kämpfte er sozial-demokratisch wie einst, lange vor der Agenda 2010. Noch nie war er seiner Partei so nah - und zugleich seiner Reformpolitik so fern. Ironie eines Abschieds.
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