Rheinische Post: Der Tag der Kehrtwende
Düsseldorf (ots)
Von Alexander von Gersdorff
Vielleicht geht der gestrige Freitag, 21. Oktober, als ein historischer Tag, der Kehrtwenden-Tag, in die deutsche Wirtschafts- und Finanzgeschichte ein. Zum einen gab der scheidende Bundeswirtschaftsminister Clement eine Wachstumsprognose ab, die erstmals seit Jahren realistisch klingt. Die Zeit des regierungsamtlich verkündeten Optimismus ist vorbei. Zum anderen kam den Finanzpolitikern der künftigen großen Koalition die Einsicht, dass die Haushaltslage noch viel dramatischer ist, als bisher angenommen, und also noch viel mehr als bisher zur Konsolidierung getan werden muss. Beides fügt sich zu einem polithistorischen Gesamtbild insbesondere wenn man bedenkt, dass die Wirtschaftsprognose seit Monaten fest datiert war, die Koalitionsrunde aber erst kurzfristig einberufen wurde, das zeitliche Aufeinandertreffen an ein und demselben Tag also reiner Zufall ist. Was bedeutet der neue Realismus konkret? Die Bürger können sich von allen Einkommensteuersenkungs-Hoffnungen verabschieden. Zahlreiche Subventionen, vom Eigenheimbau bis zu Steuerparmodellen, werden gestrichen. Mehr Geld für Rentner gibt es auf Jahre nicht. Unternehmen werden zwar entlastet, an anderer Stelle aber gleich wieder belastet. Die Politiker können dabei eigentlich nur noch eins tun, um für sich zu werben: alle Härten möglichst "sozial gerecht" verteilen.
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