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Rheinische Post: Arbeitgeber-Präsident Hundt warnt vor Mehrwertsteuererhöhung zum Stopfen von Haushaltslöchern - 40 Prozent Sozialabgaben sind "Minimalziel"

Düsseldorf (ots)

Im Rahmen der Verhandlungen zu einer großen
Koalition hat Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt vor einer Erhöhung 
der Mehrwertsteuer gewarnt. "Wenn eine Erhöhung in Betracht gezogen 
wird, dann nur mit einer uneingeschränkten Verwendung für die 
Reduktion der Sozialversicherungsbeiträge und bei vorangegangener 
Vereinbarung von Reformen in den Sozialsystemen", sagte Hundt der 
Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montagausgabe). "Eine 
Mehrwertsteuererhöhung darf auf keinen Fall zum Stopfen von 
Haushaltslöchern eingesetzt werden." Die Senkung der Sozialabgaben 
unter 40 Prozent bezeichnete Hundt als Minimalziel für eine große 
Koalition: "Jede Erhöhung der Gesamtabgabenlast verschlechtert unsere
Position im internationalen Wettbewerb", sagte der Präsident der 
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). "Wir 
müssen die hohen Sozialversicherungsbeiträge senken. Selbst die 
politische Zielsetzung, auf unter 40 Prozent zu kommen, ist 
bescheiden und ein Minimalziel." Zu den Gesprächen selbst sagte 
Hundt: "Ich bin Optimist und sehe die Chance, dass eine große 
Koalition auch große Projekte anpacken kann. Ich fordere die künftige
Regierung auf, diese Chancen zu nutzen, und ich warne nachdrücklich 
davor, dass in vielen für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland 
wichtigen Fragen eine Einigung auf kleinstem gemeinsamem Nenner 
erfolgt." Die Akzeptanz der Bürger zu persönlichen Einschränkungen 
sei "viel größer, als wir in der politischen Diskussion 
unterstellen".
Das Interview im Wortlaut:
Herr Hundt, die große Koalition will im Haushalt 35 Milliarden 
Euro einsparen. Kann die Wirtschaft damit leben?
Hundt: Die Haushaltskonsolidierung ist eine vorrangige Aufgabe der
kommenden Regierung. Auf der anderen Seite darf die Wirtschaft auf 
keinen Fall zusätzlich belastet werden. Die deutschen Unternehmern 
befinden sich im internationalen Wettbewerb in einer äußerst 
angespannten Situation.
"Vorrangige Aufgabe"  was heißt das konkret?
Hundt: Das heißt, dass die Ausgaben deutlich reduziert und 
Subventionen abgebaut werden müssen. Ich denke insbesondere an den 
Sozialhaushalt, der mit einem Drittel unseres Bruttoinlandsprodukts 
zu hoch ist. Wir müssen die Sozialversicherungen...
... also Rente, Gesundheits- und Pflegeversicherung ...
Hundt: ...auf eine Basissicherung umstellen, mit einer Absicherung
der Risiken, die den Einzelnen überfordern, und einer Übertragung von
mehr Eigenverantwortung und Eigenvorsorge für Alter, Krankheit und 
Pflege auf den Einzelnen.
Sehen Sie Schwarz-Rot auf dem Weg dorthin?
Hundt: Ich bin Optimist und sehe die Chance, dass eine große 
Koalition auch große Projekte anpacken kann. Ich fordere die künftige
Regierung auf, diese Chancen zu nutzen, und ich warne nachdrücklich 
davor, dass in vielen für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland 
wichtigen Fragen eine Einigung auf kleinstem gemeinsamem Nenner 
erfolgt.
Meinen Sie, die Bürger sehen es ein, wenn sie mehr Eigenvorsorge 
betreiben müssen, aber die Unternehmen weniger Steuern zahlen?
Hundt: Natürlich wird es beim unvermeidlichen Subventionsabbau 
auch auf Seiten der Unternehmen Aufschreie geben. Den Beschäftigten 
muss vermittelt werden, dass Steuern und Abgaben sinken. Die kommende
Regierung muss ein Gesamtkonzept vorlegen, das den Bürgerinnen und 
Bürgern zeigt, wo wir stehen, wie es weiter geht und wie Deutschland 
zu mehr Wachstum und Beschäftigung kommt.
Und so ein Konzept soll reichen?
Hundt: Ich bin überzeugt, dass die Akzeptanz persönlicher 
Einschränkungen viel größer ist, als wir in der politischen 
Diskussion unterstellen. Ich belege das mit der steigenden Zahl von 
Bündnissen für Arbeit in den Betrieben nach dem Prinzip: 
Zugeständnisse der Beschäftigten bei Arbeitszeit oder Sonderzahlungen
gegen Arbeitsplatzsicherheit.
Ein heißer Verhandlungspunkt ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer. 
Stellt sich die Wirtschaft schon darauf ein?
Hundt: In einer derart schwierigen wirtschaftlichen Situation ist 
jede Steuererhöhung Gift für die Konjunktur. Wenn eine Erhöhung in 
Betracht gezogen wird, dann nur mit einer uneingeschränkten 
Verwendung für die Reduktion der Sozialversicherungsbeiträge und bei 
vorangegangener Vereinbarung von Reformen in den Sozialsystemen. Eine
Mehrwertsteuererhöhung darf auf keinen Fall zum Stopfen von 
Haushaltslöchern eingesetzt werden.
Würden Sie zur Sicherung von Renten- und Gesundheitssystem 
Beitragserhöhungen, von denen derzeit die Rede ist, akzeptieren?
Hundt: Jede Erhöhung der Gesamtabgabenlast, und sei sie noch so 
gering, geht in die falsche Richtung und verschlechtert über erhöhte 
Arbeitskosten unsere Position im internationalen Wettbewerb. Wir 
müssen die hohen Sozialversicherungsbeiträge senken. Selbst die 
politische Zielsetzung, auf unter 40 Prozent zu kommen, ist 
bescheiden und ein Minimalziel.

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