Rheinische Post: Merkels neuer Russland-Kurs
Düsseldorf (ots)
von Alexei Makartsev
Sie kam, sah und sagte offen, was ihr nicht behagt. Beim gestrigen Kurzbesuch in Moskau setzte Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Russlandpolitik geschickt neue, kritische Akzente. Gerhard Schröder, ein treuer Duzfreund Putins, hat früher einen freundlichen Umgang mit Russland gepflegt, der oft die nötige Distanz und Nüchternheit vermissen ließ. Um sich von Schröder abzugrenzen, führt Merkel neue Spielregeln ein: pragmatische, offene Sachlichkeit statt unsachlicher, emotionaler Befangenheit, wohlmeinende Kritik an den russischen Demokratie-Defiziten statt der bisherigen Freundlichkeit, die an Anbiederung grenzte. Sie tut damit Russland einen Gefallen, das seine Mängeln erkennen muss, um den Reformprozess weiter voran treiben zu können. Die Kanzlerin überrascht damit jedoch auch viele Russen, die von einem Antrittsbesuch der deutschen Regierungschefin in Moskau wohl an erster Stelle viele Komplimente an Putin erwartet haben. Dabei schafft es Merkel, mit ihren mahnenden, vorsichtig kritischen Worten niemanden vor den Kopf zu stoßen. Der neue Start in der "strategischen Partnerschaft" mit Moskau ist gelungen. Das Schwierige kommt später noch: Bei der Einbindung des schwierigen und wichtigen Partners Russland in die gesamteuropäische Sicherheits- und Energiepolitik wird Merkel noch mehr diplomatisches Geschick und politische Standhaftigkeit zeigen müssen.
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