Rheinische Post: Dan Browns Bildungsauftrag
Düsseldorf (ots)
Von Lothar Schröder
Es soll an Schulen schon kirchenhistorische Referate gegeben haben, die Passagen aus Dan Browns Roman "Sakrileg" als Beleg heranzogen. Nicht aus Übermut, wohl aber im wohligen Einklang mit Unwissenheit. Das klingt zunächst komisch, dann traurig - und schließlich ermutigend, weil es doch ein Leichtes sein müsste, dem Bildungsbedürftigen den Weg zur richtigen Quelle zu weisen. So leicht ist es leider nicht. Denn der Erfolg von Dan Browns Jesus-Thriller ist kein Zufallsprodukt, sondern vielmehr ein Signal: Es weist hin auf das Bedürfnis nach Transzendenz und Sinnsuche. Und es zeigt eine zunehmende Entfremdung des Einzelnen zur Religion an. Das große, mit dem Papst-Jahr wieder aufgeflammte Interesse am Glauben und an Glaubensfragen findet dauerhaft offenbar nicht immer ausreichend Halt bei den christlichen Kirchen. Verschwörungstheorien haben leichtes Spiel, obwohl die neuen Verkünder ihre Thesen kaum belegen. Sie unterhalten einfach, faszinieren mit Spannung, fesseln mit Überraschungen. Zugegeben, das sind "unlautere" Mittel in der Auseinandersetzung um die historische Wahrheit. Sie zeigen allerdings auch, dass es funktioniert. Die Kirche muss keine Thriller erzählen, sie muss sich aber Gedanken über die Vermittlung machen. Dan Brown stellt einen Bildungsauftrag.
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