Rheinische Post: Russland
Düsseldorf (ots)
Von Reinhold Michels
Konrad Adenauer, Gründungskanzler, warb stets für eine Politik der Nüchternheit und Festigkeit des Westens gegenüber der expansiven eurasischen Großmacht, die der Bonner "Wundergreis" (Rudolf Augstein) Sowjetrussland nannte. 1965, zwei Jahre vor seinem Tod, sagte Adenauer zu einem Rhöndorfer Gesprächspartner: "Warten Sie ab, wenn in Sowjetrussland die Kartoffeln knapp werden, ist unsere Stunde gekommen." Tatsächlich verschwand das Sowjetreich - ökonomisch zerrüttet - vor eineinhalb Jahrzehnten mit einem Winseln von der Weltbühne. Seither versucht das neue, alte Russland seinen politisch-wirtschaftlichen Wiederaufstieg, befördert von der gewaltigen Energie riesiger Gasvorkommen. Präsident Putin, der es vom KGB-Agenten zum Kreml-Präsidenten gebracht hat, steht für den immerwährenden Machtanspruch eines Landes von kontinentaler Größe. Ungeachtet der Schäkereien mit Merkels Vorgänger im Kanzleramt handelt Putin nach der Devise de Gaulles, wonach Staaten keine Freunde, sondern nur Interessen haben. Dass die Kanzlerin bei allem Sinn für intakte Beziehungen und wechselseitig gute Geschäfte ihrem Staatsgast Putin und Russland gegenüber eine freundliche Nüchternheit walten lässt, ist vernünftig.
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