Rheinische Post: Halbherzige Renten-Reform
Düsseldorf (ots)
Von Antje Höning
Franz Müntefering ist lernfähig. Als die Rürup-Kommission 2003 den raschen Einstieg in die Rente mit 67 forderte, weil die Deutschen immer älter und immer weniger werden, lehnte er dies ab. Als Sozialminister hat er aber rasch eingesehen, dass ohne eine Anhebung des Rentenalters die Beiträge explodieren und die Schaffung von Jobs noch unattraktiver wird. Als Politprofi hat er dafür gesorgt, dass diese wichtige Reform lautloser und rascher als das Gesundheits-Drama über die Bühne geht. Die Unions-Spitze (mit Ausnahme des bayrischen Populisten Stoiber) will ohnehin seit langem, dass die Rente mit 67 kommt. So zeigt die große Koalition, dass sie bei Überlebensfragen der Sozialversicherung doch den nötigen Paradigmen-Wechsel schaffen kann. So weit die gute Nachricht. Die schlechte: Die Koalition bleibt auf halbem Wege stehen. Die vielen Ausnahmen sorgen dafür, dass die Rentenkasse durch die Rente mit 67 weniger stark entlastet wird, als es möglich wäre. So geraten die Beiträge mittelfristig erneut unter Druck. Die Rentenkassen vergessen nicht. Weil Ex-Sozialminister Blüm nachhaltige Reformen verweigert hat, verlangen Rentenexperten nun den Nachholfaktor, der viele Nullrunden bedeuten wird. Doch das traut sich die Koalition angesichts von 20 Millionen Rentnern und Wählern doch nicht. Deren Enkel werden dafür zahlen müssen.
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