Rheinische Post: Frankreich reformreif
Düsseldorf (ots)
Von Matthias Beermann
Der Wirbelsturm-Wahlkampf der Sozialistin Ségolène Royal und des Konservativen Nicolas Sarkozy lässt die Konkurrenz alt aussehen. Nahe am Bürger und seinen Alltagssorgen, frisch, undogmatisch. Ein Stil, der ankommt in einem Land, das tiefes Misstrauen gegenüber seinen Politikern hegt. Die Chirac-Ära, zwölf Jahre opportunistische Flickschusterei, hat vielen Franzosen den Glauben an die Zukunft geraubt. Eine schon länger währende Politikverdrossenheit ist in tiefe Niedergeschlagenheit gemündet. Sarkozy und Royal haben das begriffen: Er predigt den "Bruch" mit der bisherigen Politik - sie verspricht "Bürger-Demokratie" zum Mitmachen. Frankreich drückt sich um Reformen. Das Land lebt noch immer weit über seine Verhältnisse, ist zum Bremsklotz in Europa geworden. Beide Kandidaten versprechen Veränderung. Doch wer genau hinhört, bekommt Zweifel, je näher die Wahlen rücken. Aus Angst, Wähler zu verschrecken, wird plötzlich wieder beschwichtigt, schöngeredet. Beide Kandidaten reden wieder, als stünde der Staat nicht kurz vorm finanziellen Ruin. Die harte Wirklichkeit: Wer die Wahl gewinnt, er oder sie, wird den Franzosen beibringen müssen, dass ihr Land ohne schmerzhafte Reformen Gefahr läuft, seine Zukunft zu verspielen.
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