Rheinische Post: Telekom-Taktik
Düsseldorf (ots)
Von Antje Höning
Der Zorn der Telekom-Mitarbeiter ist verständlich. Die Art, wie Konzern-Chef Obermann die Sanierung vorantreibt, ist unehrlich. Anstatt einmal Tabula rasa zu machen und dann die verbleibenden Mitarbeiter in Ruhe arbeiten zu lassen, verfolgt er eine Salami-Taktik. Erst wiederholt Obermann seinen Vorgänger Ricke und sagt, 45.000 Mitarbeiter werden ausgegliedert, dann sind es "mehr als 45.000". Nun drohen es 60.000 zu werden. Betriebsbedingte Kündigungen schließt er auf Dauer auch nicht aus. Auf sein Wort ist offenbar wenig Verlass. In der Sache muss man dem Konzern dennoch Recht geben. In einem Jahr hat er allein 1,9 Millionen Festnetzkunden verloren, die vom schlechten Service genug hatten. Solche Kunden kann man nur zurückgewinnen, wenn man ihnen mehr bietet als ewige Warteschleifen bei der Hotline. Mehr Service aber ist mit Mitarbeitern nicht zu machen, die nach 34 Stunden in der Woche die Zange fallen lassen oder sich (wie bis vor kurzem bei T-Mobile) alle 50 Minuten für zehn Minuten zwecks Erholung der Augen vom Bildschirm verabschieden dürfen. Von solchen Bedingungen können Beschäftigte anderer Branchen nur träumen. Diese Relikte des rheinischen Kapitalismus wird auch Verdi aufgeben müssen.
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