Rheinische Post: Täter und Opfer
Düsseldorf (ots)
Von Reinhold Michels
Untersuchungshaft ist keine Strafhaft. Sie dient dazu, den Strafprozess gegen noch nicht Verurteilte zu sichern. U-Haft darf nur von einem Richter angeordnet werden. Voraussetzungen sind: dringender Tatverdacht, bestimmte, im Gesetz festgeschriebene Haftgründe sowie die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Beliebte Rufe nach Festnahme und Ruck-Zuck-Verhaftung eines wirklichen oder vermeintlichen Bösewichts gehen umso leichter von den Lippen, je mehr man sich sicher zu sein glaubt, niemals auch nur in die Nähe einer U-Haft-Zelle zu geraten. Der beinahe volljährige Wiederholungs-Schläger, dem ein Richter die weitere U-Haft erspart hat, erfährt allerdings mehr als eine Behandlung, auf die er ein Recht hat wie andere dringend Tatverdächtige auch. Dieser Beschuldigte, der einen unschuldigen Menschen ins Koma und auf die Intensivstation beförderte, kommt in den Genuss einer fragwürdigen Milde. Er profitiert von einem seltsamen Verständnis von schwerer Körperverletzung im Unterschied zu "einfacher" Körperverletzung. Sollte der Freilassungsbeschluss nicht korrigiert werden, hat der Bursche nun im offenen Erziehungsheim eine Besserungschance. Aber er besitzt jetzt auch eine bessere Fluchtchance mit der Möglichkeit, wieder zuzuschlagen. Gnade seinen potentiellen neuen Opfern.
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