Rheinische Post: Schutz von und vor U-Häftlingen
Düsseldorf (ots)
Von Reinhold Michels
Es lässt sich in einem Land ohne Todesstrafe kein schwererer staatlicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht denken als den Entzug der Freiheit. Deshalb sind Vorschriften zum Schutz gegen unverhältnismäßig lang dauernde Untersuchungshaft kein Fluch, vielmehr ein rechtsstaatlicher Segen. Wer möchte als U-Häftling, dessen Schuld erst noch im Hauptverfahren vor Gericht bewiesen werden soll, bei der Frage nach der Dauer seines Zellenlebens schon vom Arbeitseifer eines Staatsanwalts, eines Richters abhängig sein? Wie fast überall im Leben, sind Vor- und Nachteile auch im Rechtsleben Nachbarn. Was zum Schutz eines U-Häftlings vor Willkür und Schlendrian des Staates geboten und unentbehrlich ist, kann schlimmstenfalls eine Gefährdung der Allgemeinheit auslösen. Dass dringend Tatverdächtige, manchmal sogar umfassend geständige Kriminelle großen Kalibers aus der U-Haft frei gelassen werden müssen, weil die Justiz die prinzipiell geltende Halb-Jahres-Frist für die U-Haft verstreichen ließ, ohne dass es zur Anklageerhebung kam, empört nicht nur die Polizei zu Recht. Große Arbeitspensen, wie sie auf Richtern und Staatsanwälten lasten, gibt es heute in fast allen Berufen. Haftsachen sind aber etwas so Einschneidendes, dass sie vorrangig, ohne schuldhaftes Zögern zu erledigen sind.
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