Rheinische Post: Spendenskandal mit System
Düsseldorf (ots)
Von Jürgen Stock
Die Empörung über das Verhalten eines der renommiertesten deutschen Mediziners ist groß. Professor Christoph Broelsch, eine lebende Legende auf dem Gebiet der Transplantationsmedizin, soll die Vergabe von Operationsterminen an vorherige Zahlung von Spenden geknüpft haben. Was an dem Vorgang verblüfft: Die Klinikleitung hat den Sachverhalt nach Rücksprache mit dem Betroffenen im Wesentlichen bestätigt. Dass Broelsch den Vorwürfen nicht widerspricht, zeigt, dass er offenbar nicht gerade von Unrechtsbewusstsein geplagt wird. Möglicherweise hatte die Spendenpraxis bei ihm Methode. In früheren Diskussionen um Organhandel hatte er klargemacht, dass es für ihn moralisch nicht verwerflich sei, wenn der Spender für seine Niere Bares erhalte. Da mag es nahe liegen, Patienten auch für eine Krebsoperation zur Kasse zu bitten. Ein Skandal? Gewiss, aber völlig systemfremd ist der Vorgang nicht. Gerade Uni-Kliniken sind durch die jüngsten Reformen chronisch unterfinanziert. Ist es da realistisch anzunehmen, dass ein regelmäßiger Beitragszahler eines Krankenhaus-Fördervereins, der möglicherweise noch privat versichert ist, genauso behandelt wird wie ein Kassenpatient? Die Essener Spendenaffäre hat einmal mehr bestätigt: Wer zahlen kann, erhöht seine Überlebenschancen.
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