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Umsatzhoffnung der Dentalindustrie auf ungünstigem Boden: Zahnärzte in der Schere zwischen Investitionsdruck und schlechten Rahmenbedingungen

Berlin (ots)

Weltmesse der Zahnmedizin "IDS" vom 28. - 31.3.2001 in Köln
"Die deutschen Zahnärzte begrüßen mit gespannter Erwartung die
rund 1300 Aussteller aus aller Herren Länder, die Ende März zur
weltgrößten Dentalmesse IDS, der Internationale Dental Schau nach
Köln kommen", sagt Dr. Dr. Jürgen Weitkamp, Präsident der
Bundeszahnärztekammer, vor Messebeginn. "Die Zahnmedizin ist ein
stark präventionsorientierter Heilberuf, das wird jedem spätestens
dann bewusst, wenn er die schier unübersehbare Menge an Produkten der
Dentalindustrie bei dieser Messe im Auge hat. Insbesondere um den
Bereich Implantate hat sich eine große technische und biomedizinische
Industrie entwickelt." Wie zufrieden die Aussteller aber am 31. März
ihre Stände schließen, wage er nicht zu beurteilen: "Mit Blick auf
die derzeitige Lage der deutschen Zahnärzte muss man wohl eine
schleichende Demodernisierung der Praxen befürchten. Das hiesse
sinkende Investitionsfähigkeit und konsequenterweise schlechtere
Geschäfte für die Hersteller. Der Boden für Umsatzhoffnungen ist
derzeit nicht günstig."
Eine im Vorfeld der IDS 2001 zur Lage der Zahnärzte erhobene
stichprobenartige Trendumfrage in einigen Kammerbereichen habe
gezeigt, daß - hochgerechnet - von den rund 51.000 Praxisinhabern,
letztlich die Hauptzielgruppe der Dentalindustrie, rund 10 - 15 % bei
ihren zuständigen Kammern bzw. beim Versorgungswerk der Zahnärzte
nach eingehender Prüfung ihrer wirtschaftlichen Situation
Beitragsermäßigung, -ratenzahlung oder gar -befreiung erhalten haben.
Die Anzahl der entsprechenden Anträge liege sogar noch weit höher.
"Dies ist ein Signal, wie belastend sich die Gesundheitspolitik auf
unseren Berufsstand auswirkt", so Dr. Weitkamp, "und kein gutes Omen
für zukunftsträchtige Investitionen."
Hintergrund und Daten
Existenzgründer als Hoffnungsträger der Industrie Hoffnungsträger
der Industrie seien die Existenzgründer unter den Zahnärzten, die
entweder eine eigene Praxis eröffnen oder eine vorhandene Praxis
übernehmen. Die Quote der Neuniederlassungen im Verhältnis zu
Berufsaufgaben habe sich in den letzten Jahren aber deutlich
verringert. 1993 standen den 737 Berufsaufgaben 3925
Neuniederlassungen gegenüber, auf eine Praxisaufgabe kamen also 5,3
Neuniederlassungen. 1995 lag die Quote bei 3,9, 1997 bei 2,8, 1998
liegt sie zwischen 1,8 und - nach ersten Daten für 1999 - vermutlich
bei rund 2,2.
Im Vergleich zu den Vorjahren habe sich 1998 und 1999 die Anzahl
der Praxisaufgaben verdoppelt. "Immer mehr Praxisinhaber können die
Folgen der Politik nicht verkraften, können unter Budgetzwängen ihre
Praxis nicht ausreichend wirtschaftlich stabilisieren, sehen sich
nicht mehr in der Lage, dem Investitionsdruck standzuhalten und der
in immer kürzeren Abständen auf den Markt kommenden neue Technik zu
folgen, um moderne Behandlungsmethoden in der Praxis einzuführen."
Mit "sprechender Zahnheilkunde" allein, die in Zukunft eine noch
größere Rolle spielen werde, sei eine Praxis nicht zu halten.
Kommunikation sei notwendig, um die Behandlung und ihre Abläufe zu
vermitteln, ohne Investition in ausgefeilte Technik und innovative
Produkte sei moderne Zahnmedizin aber nicht machbar. Dr. Weitkamp:
"Das Interesse an Investitionen ist vorhanden, die Zuversicht, dass
man sich das leisten kann, aber gesunken."
Praxisneugründung - hohe Kosten und immer weniger Patienten Der
Investitionsdruck bei Neugründung einer Einzelpraxis sei erheblich:
Seit 1993 stünden die Zahnärzte unter den Ärzten an zweiter Stelle
der höchsten Investitionen - nach den Chirurgen. Dies zeigten die
jährlichen Erhebungen des Institutes der Deutschen Zahnärzte (IDZ)
zusammen mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank, die das
Investitionsverhalten bei Einzelpraxisneugründungen analysieren. Die
Investitionsvolumina für 1999: An erster Stelle die Chirurgen
(592.000 DM), dicht dahinter die Zahnärzte (547.000 DM), danach die
Internisten, Urologen - und auf Platz fünf die Orthopäden (434.000
DM). Dr. Weitkamp: "Die jungen Praxisinhaber gehen also mit einer
außerordentlich hohen Verschuldung in einen Beruf, der anders als
früher keine Sicherheit mehr bietet - politisch nicht, aber auch
wirtschaftlich nicht." Die Anzahl der Einwohner pro behandelnd
tätigem Zahnarzt sei stetig gesunken. 1992 kamen auf einen behandelnd
tätigen Zahnarzt noch 1439 Einwohner, 1999 waren es nur noch 1313. Im
gleichen Zeitraum habe sich das Praxisgründungsverhalten deutlich
verändert. Im Gegensatz zu früher ginge der Trend eindeutig in
Richtung Praxisgemeinschaft. Laut IDZ waren 1999 bereits 15 % aller
Praxisneugründungen Gemeinschaftspraxen- vor zehn Jahren nur 7,5 %,
also glatt die Hälfte. "Auch hier sehen wir gespaltene Gründe:
Einerseits spezialisieren sich junge Zahnärzte mehr als früher auf
bestimmte Fachrichtungen innerhalb der Zahnmedizin, was wir
prinzipiell für eine positive Entwicklung halten, und kooperieren
unter einem Dach, andererseits spielt aber auch eine erhebliche
Rolle, dass man sich auf diese Weise Praxisunterhalts- und
-Investitionskosten teilen kann."
Berufspolitik zur Zukunftssicherung Die Politik der
Bundeszahnärztekammer, die einerseits den fachlichen
Paradigmenwechsel in der Zahnheilkunde untermauere, dabei die
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aber nicht außen vor lasse, komme
also den Interessen nicht zuletzt der jungen Zahnärztegeneration
entscheidend entgegen: Das Interesse an Spezialisierung in
Fachgebieten innerhalb der Zahnheilkunde ist hoch: Die
Bundeszahnärztekammer antwortet mit der Einführung von strukturierten
und qualitätsgeprüften Fortbildungsgängen in bestimmten
zahnärztlichen Gebieten.
  • Der Paradigmenwechsel hat zu einem neuen Bild der Zahnheilkunde geführt: Die Bundeszahnärztekammer entwickelt derzeit die Neubeschreibung einer präventionsorientierten Zahnheilkunde, die der Prophylaxe im Vergleich zu Zahnersatzbehandlung deutliche Priorität verleiht - mit Überarbeitung des Honorarrahmens für kassenzahnärztliche und privatzahnärztliche Versorgung und damit notwendigen Rahmenbedingungen für den realen Kurswechsel in der Zahnmedizin.
  • Das Vertrauen in die Zukunft moderner Zahnheilkunde im gegenwärtigen Krankenversicherungssystem ist tief gesunken: Die Bundeszahnärztekammer lässt daher nicht nach, für das "Modell Zahnheilkunde" in der Gesetzlichen Krankenversicherung zu kämpfen, das allen Patienten eine gute Grundversorgung bietet und über Festzuschüsse bzw. Wahlleistungen eine individuelle Therapie ermöglicht.
  • Die Zahnärzte fühlen sich von Gesetzgeber und Regierung eher im Stich gelassen bei ihrem Eintreten für die längst überfällige Anpassung der Privathonorare, die seit 1988 nicht mehr der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland angeglichen wurden. Die Bundeszahnärztekammer wird trotz negativer politischer Signale nicht nachlassen, für die berechtigten Interessen der Zahnärzteschaft weiter zu kämpfen.
Für Rückfragen: 
Birgit Dohlus
Telefon: 030 / 3082 4682
Fax: 030 / 3082 4683
E-Mail:  dohlus@snafu.de während IDS: 0171 / 265 2438
Diese Presseinformation finden Sie auch im Internet:
http://www.bzaek.de

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