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Stau im Suezkanal: Produktionsausfälle treffen viele Branchen in Baden-Württemberg besonders hart

Stau im Suezkanal: Produktionsausfälle treffen viele Branchen in Baden-Württemberg besonders hart

Regionen mit einem hohen Anteil industrieller Fertigung leiden stärker unter unterbrochenen Lieferketten, wie aktuell wegen der havarierten „Ever Given“. Das sagt der Wirtschaftswissenschaftler Jannis Bischof von der Universität Mannheim.

Die Blockade des Suezkanals durch die „Ever Given“ dauerte zwar nur wenige Tage. Die Unterbrechung der globalen Handelswege durch den Zwischenfall wird jedoch noch für längere Zeit auch die lokale Wirtschaft behindern – gerade in Baden-Württemberg und der Metropolregion Rhein-Neckar. Davon ist der Wirtschaftsprofessor Jannis Bischof von der Universität Mannheim überzeugt.

„Die Situation verdeutlicht das erhebliche Risiko, das internationale, weltumspannende Lieferketten mit ihrer Abhängigkeit von reibungslosem Verkehrsfluss mit sich bringen. Dies kann einen Trend verstärken, mehr auf regionale Lieferanten und kürzere Lieferketten zu setzen. Entsprechende Tendenzen deuteten sich bereits während der Coronakrise an“, kommentiert Bischof.

„Wir wissen aus unseren Umfragen, dass Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe wie Maschinenbau von Unterbrechungen in den Lieferketten, wie sie auch während der Coronakrise auftraten, besonders betroffen sind“, so der BWL-Experte weiter. Die Spätfolgen eines Lieferstaus wie des im Suez-Kanal treffe daher die regionale Wirtschaft besonders hart: Baden-Württemberg ist das führende Zentrum des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus. Rund ein Viertel der gesamten deutschen Maschinen- und Anlagenbauer haben ihren Sitz hier.

In einer repräsentativen Umfrage der Universität Mannheim aus diesem und letzten Jahr bestätigen 46,7 Prozent der Firmen aus dem Maschinenbau, dass sie ihre Produktion unterbrechen mussten, als Material während der Corona-Krise nicht rechtzeitig zur Verfügung stand. Der Grund: Viele Unternehmen in diesen Branchen versuchen ihren Lagerbestand gering zu halten, nicht zuletzt aus Kostengründen. Lieferausfälle schlagen sich daher sehr kurzfristig in Unterbrechungen der eigenen Produktion nieder. „Diese Firmen sind auf das Material angewiesen, das sie für die eigene Produktion benötigen“, erklärt Bischof.

Aber auch Textilproduzenten (58,9 Prozent), Großhandel (41,1 Prozent) und davon abhängig der Einzelhandel (42,5 Prozent) berichten im Rahmen der Umfrage von überdurchschnittlich starken Einschränkungen, gerade wenn Waren für den Weiterverkauf aus Übersee bezogen werden.

Die Zahlen stammen aus einer langfristigen Corona-Befragung des German Business Panel (GBP), bei der mehr als 14.000 Unternehmen aus ganz Deutschland seit dem Sommer 2020 wiederkehrend teilnehmen. Davon kommen 2.670 aus Baden-Württemberg und 818 aus Rheinland-Pfalz. Bei der engmaschigen Umfrage geben die Unternehmen Auskunft darüber, wie sich die Coronakrise – und als Folge davon auch die Unterbrechungen in den Lieferketten – auf ihre Geschäfte auswirkt. Jannis Bischof ist Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Unternehmensrechnung sowie Projektleiter des German Business Panel (GBP).

„Zwar gibt es Unterschiede zwischen den Unterbrechungen der Lieferketten während der Coronakrise und während der aktuellen Sperrung des Suez-Kanals, unter anderem weil anders als im Frühjahr 2020 der Warenverkehr in Europa ohne Einschränkungen aufrecht erhalten bleibt“, erklärt der Wirtschaftsexperte. Parallelen gebe es dennoch: Da ein erheblicher Anteil von Produktionsmaterial aus Asien geliefert wird, bestehe diese Abhängigkeit in der aktuellen Situation genauso. „Es ist daher sehr naheliegend, dass die gleichen Branchen und Regionen besonders stark betroffen sind, die schon im Vorjahr die größten Einschränkungen aufgrund der Coronakrise meldeten“, resümiert Bischof.

Hohe Preise im Luftverkehr verschärfen die Krise sogar

Indirekt trägt die Coronakrise sogar zu einer Verschärfung der Auswirkungen durch die zeitweilige Sperrung des Suezkanals bei. Da in sehr großem Umfang der Luftverkehr abgenommen hat und insbesondere die Frachtmitnahme im Passagierverkehr fast vollständig weggefallen ist, haben sich die Preise für Luftfracht extrem verteuert. Das Statistische Bundesamt berichtet einen durchschnittlichen Preisanstieg von 40 Prozent. Unternehmen berichten in Einzelfällen sogar von einer Verdoppelung der Frachtraten. Dadurch haben die Seerouten insbesondere für nicht verderbliche Waren stark an Attraktivität gewonnen. Unternehmen, die deshalb aufgrund der Folgen der Coronkrise auf Seefracht umgestiegen sind, leiden jetzt unter dem Stau umso stärker.

Kontakt: 
Prof. Dr. Jannis Bischof
Lehrstuhl für ABWL und Unternehmensrechnung
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181–1630
E-Mail:  jbischof@uni-mannheim.de
Yvonne Kaul
Forschungskommunikation
Universität Mannheim
Tel: +49 621 181–1266
E-Mail:  kaul@uni-mannheim.de
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