All Stories
Follow
Subscribe to Universität Mannheim

Universität Mannheim

Steiniger Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit in Subsahara-Afrika

Steiniger Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit in Subsahara-Afrika
  • Photo Info
  • Download

Steiniger Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit in Subsahara-Afrika

Welche Chancen haben Kinder in Afrika südlich der Sahara, eine Primarschule zu besuchen und diese auch abzuschließen? Eine aktuelle Studie der Mannheimer Soziologin Prof. Dr. Ilze Plavgo zeigt, dass das Bildungssystem in diesen Ländern wenig Durchlässigkeit zeigt. Der Bildungsgrad der Eltern hat immer noch einen maßgeblichen Einfluss auf die Bildungschancen der Kinder. Faktoren wie Unterernährung, Kinderreichtum und geringe öffentliche Ausgaben für Bildung und Lehrpersonal behindern die Bildungsgerechtigkeit.

Die Jahrtausendwende markierte eine bedeutende Veränderung im afrikanischen Bildungssektor. Zwischen 2000 und 2015 verzeichneten die meisten afrikanischen Länder südlich der Sahara (SSA-Länder) ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum mit Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von jährlich über fünf Prozent. Gleichzeitig drängte die internationale Gemeinschaft verstärkt darauf, allen Kindern Zugang zu zumindest grundlegender Schulbildung zu ermöglichen. In einer kürzlich in der Zeitschrift Sociology of Education erschienen Studie untersucht die Mannheimer Soziologin Prof. Dr. Ilze Plavgo gemeinsam mit ihrem Kollegen Prof. Fabrizio Bernardi von der UNED Madrid, ob und wo die Bildungsexpansion des frühen 21. Jahrhunderts tatsächlich zu einer Angleichung der Bildungschancen geführt hat.

Die Forschenden werteten Daten aus 153 Erhebungen aus 40 Ländern im Zeitraum von 1990 bis 2017 aus. Ihre Ergebnisse zeigen, dass die Ungleichheit beim Besuch der Primarschule abgenommen hat – da insgesamt mehr Kinder aus unteren sozialen Schichten eingeschult wurden. Allerdings blieb die Ungleichheit beim Abschluss von insgesamt mindestens 6 Jahren in der Primarschule weitgehend bestehen. Eine zunehmende Durchlässigkeit der sozialen Schichten lässt sich in den meisten der untersuchten Länder nicht erkennen. Nach wie vor ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder von Eltern, die selbst eine höhere Bildung haben, die Primarschule abschließen, höher als dies bei Kindern von Eltern mit geringerer Bildung der Fall ist. Ausnahmen zeigen die Ergebnisse aus Äthiopien, Namibia und Sierra Leone, wo ein Rückgang der Ungleichheit zu erkennen ist.

Länderübergreifende Analysen zeigen große Unterschiede bei den Ungleichheitsniveaus und -trends. „Wir haben uns angeschaut, welche Rolle verschiedene kontextabhängige nationale Faktoren in Bezug auf die Erklärung der Unterschiede bei der Bildungsgerechtigkeit spielen. Dabei lässt sich feststellen, dass Untergewicht, die Fruchtbarkeitsrate, Schulgebühren, die öffentlichen Bildungsausgaben und das Verhältnis von Schüler*innen zu Lehrkräften systematisch die Unterschiede zwischen den SSA-Ländern erklären“, erläutert Plavgo.

Während des untersuchten Zeitraums wurden in den SSA-Ländern die finanziellen Hindernisse für den Zugang zur Primarschulbildung teilweise beseitigt und die Fertilitätsraten gingen leicht zurück, was zu einer moderaten Verbesserung der verfügbaren Haushaltsmittel führte. Die Gesundheits- und Ernährungslage verbesserte sich im Durchschnitt. Die ermittelten Trends deuten jedoch darauf hin, dass die Ungleichheit beim Besuch der Primarschule zwar abnahm, die demografischen und institutionellen Veränderungen in den meisten Ländern jedoch nicht ausreichten, um einen deutlichen Rückgang der Ungleichheit beim Abschluss der sechsjährigen Primarschule zu bewirken.

„Eine wichtige politische Schlussfolgerung aus unseren Analysen ist, dass die Bekämpfung des materiellen Mangels und höhere öffentliche Investitionen in Schul- und Unterrichtsressourcen der Schlüssel zur Verringerung der Ungleichheit beim Primarschulabschluss in dieser Region sind“, bilanziert Plavgo.

Ilze Plavgo hat seit August 2023 die Juniorprofessur für Soziologie des Wohlfahrtsstaates an der Fakultät für Sozial­wissenschaften der Universität Mannheim inne. Davor war sie Forschungsstipendiatin am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz und Politikanalystin im UNICEF-Forschungsbüro. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Sozialpolitik, Armut und gesellschaftliche Schichtenbildung sowie Ungleichheit in den Bereichen Bildung und Arbeitsmarkt.

Link zur Studie: https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/00380407231210279

Falls Sie den Artikel nicht abrufen können, senden wir Ihnen auf Nachfrage gern das PDF zu.

Kontakt:

Prof. Dr. Ilze Plavgo
Universität Mannheim
Tel. +49 621 181-2506
E-Mail:  ilze.plavgo@uni-mannheim.de
Hinweis: Frau Plavgo spricht Englisch.
Katja Bauer
Stellv. Pressesprecherin
Universität Mannheim
E-Mail:  katja.bauer@uni-mannheim.de
More stories: Universität Mannheim
More stories: Universität Mannheim