Aus Afghanistan zurückgekehrt
Tönisvorst (ots)
Die Deutsche Karla Schefter, Leiterin des Chak-Wardak Hospitals in Afghanistan, verließ als eine der letzten Ausländer das Land, als sich die Lage nach den Terror-Anschlägen in den USA und ihrer weltpolitischen Folgen dramatisch zugespitzt hat. Am Donnerstag berichtete sie auf einer Pressekonferenz des Deutschen Medikamentenhilfswerk action medeor aktuell über die dramatische Situation in Afghanistan.
Die Menschen, die seit über 20 Jahren unter Bürgerkrieg und einer seit drei Jahren andauernden Dürre leiden, sind sowohl von akuter Kriegsgefahr und als auch vor dem Verhungern bedroht.
"Allein im Inland gibt es 600.000 bis 800.000 Flüchtlinge, die keine Chance haben, rauszukommen," berichtete Karla Schefter. "Es ist furchtbar. Die Menschen haben kein Wasser und sind krank." Die Not trifft vor allem alleinstehende Frauen und Kinder. Sie seien auf einen männlichen Erwachsenen angewiesen, denn die Taliban verbieten Frauen jede Ausbildung und Berufstätigkeit. "In Kabul leben 60.000 alleinstehende Frauen, die zum Betteln oder zur Prostitution gezwungen sind," sagte sie. In den Augen der Extremisten Vergehen, für die sie auch hingerichtet werden.
Karla Schefter betonte, dass es den Menschen vor der Machtergreifung der Taliban auch nicht gut ging. Die Menschen hofften sogar, dass Ruhe ins Land einkehrte. Anfangs schienen sich die Hoffnungen auch zu bewahrheiten, so Karla Schefter. "Dann kamen vor drei Jahren die Extremisten an die Macht. Sie haben zum Beispiel ein absolutes Musikverbot durchgesetzt," erzählte sie. Autos werden angehalten und nach Kassetten durchsucht. Finden die Extremisten etwas, drohe Prügel oder Gefängnisstrafe. Unter den Menschen herrsche nur noch Angst. Denunziantentum sei an der Tagesordnung. Allerdings, und das ist ihr wichtig, müsse man unterscheiden zwischen der Taliban und ihrem extremistischen Flügel, die sogenannte religiöse Polizei. Eigentlich sei diese im strengen Sinne keine Taliban, so Schefter, sondern bezeichne sich nur so. "Das sind Söldner, die zum Beispiel aus Vietnam, China oder Tschetschenien kommen und von arabischen Extremisten finanziert werden."
"Das Chak-e-War - Hospital wird von Kranken und Hilfesuchenden umlagert," so Karla Schefter. Mindestens 100 kommen täglich trotz der angespannten Lage von weit her, um ambulante Hilfe zu finden. Zur Zeit betreut das Hospital 50 Menschen stationär. Viele Ein-heimische sind auf der Flucht. Vor ihrer Abreise hat sie die Einkäufe und Bervorratung für das Krankenhaus geregelt und verschiedene Arbeitsabläufe organisiert. Mit ihren 49 ein-heimischen Mitarbeitern, darunter elf Frauen, ist sie dann noch einmal alles durchgegangen. "Sie alle schlottern vor Angst," sagte Karla Schefter, die seit über zwölf Jahren in Afghanistan arbeitet.
Die 59jährige konnte die Grenze quasi noch in letzter Minute passieren. "Beinahe wäre ich aus Kabul nicht mehr herausgekommen," berichtete sie. Ein Taliban-Posten erklärte, die Zeit für die Ausreise sei abgelaufen. Der Fahrer und ein Mitarbeiter des Chak-e-Wardak-Hospitals, die sie begleiteten, konnten ihn schließlich umstimmen.
Die Arbeit von Karla Schefter ist einzigartig. Der Dortmunder Krankenschwester ist es gelungen, im kriegszerstörten Afghanistan das Hospital Chak-e-Wardak aufzubauen. Sie begann 1989 mit dem Bau der Krankenstation. Bis heute hat dieses Krankenhaus die medizinische Grundversorgung für über 400.000 Menschen garantiert. Das Krankenhaus zählt mittlerweile zu den fünf besten Hospitälern in ganz Afghanistan und wird seit zwei Jahren komplett über Spenden finanziert.
Das Medikamentenhilfswerk versorgt das Chak-e-Wardak-Hospital mit Medikamenten und verschickt Hilfssendungen sowohl nach Pakistan als auch an die iranische Grenze zu Afghanistan. Dort warten nach Angaben der United Nations 2,6 Millionen Flüchtlinge auf Hilfe. Für diese Hilfe bittet action medeor um Spenden:
Kto-Nr. 555 555 555 bei der Volksbank Krefeld , BLZ 320 500 00
Deutsches Medikamenten-Hilfswerk action medeor, St. Töniser Str. 21, D-47918 Tönisvorst
Pressereferat: Tel. 02156/ 9788-70, -74 oder -76, Fax.: 02156 / 97 88 88
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