Irak: action medeor schnürt Hilfspakete
Tönisvorst (ots)
Das Deutsche Medikamenten-Hilfswerk action medeor wird auf Bitten des ehemaligen Direktors des kurdischen Gesundheitsministeriums, Dr. Nirz Miran, eine erste große Medikamentenlieferung in den nördlichen Irak schicken. Der Arzt schilderte anlässlich seines Besuchs gestern in Tönisvorst die Situation im Nordirak. "Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen", sagte er. "Wenn es zum Krieg kommt, wird Saddam Hussein chemische Waffen einsetzen. Die Menschen haben große Angst", so Miran. "Viele fliehen aus den großen Städten in die Dörfer an der Grenze zur Türkei."
Im Medikamenten-Lager von action medeor wird für den Nordirak bereits ein großes Hilfspaket geschnürt. "Darin enthalten ist alles, was man braucht, um erste Hilfe zu leisten: Schmerzmittel, Antibiotika, Medikamente gegen Durchfall und Malaria, Brandsalben und Verbandsmull", so Pastors. Ein Paket kann das Überleben von 10.000 Menschen für drei Monate sichern.
Miran bereitet sich darauf vor, Kriegsflüchtlinge aus dem Nordirak medizinisch zu versorgen. Der medeor-Partner kümmerte sich bereits in den 80er Jahren um die Opfer irakischer Giftgas- und Militärangriffe und leistete im Anschluss an den Golfkrieg Nothilfe. Als Mitglied der "Voluntary Relief Doctors", einer lokalen Nichtregierungsorganisation, baute er in Diana, 18 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt, ein kleines Hospital wieder auf, nachdem es vom irakischen Militär in den 80er Jahren komplett zerstört wurde. Inzwischen hat sich das Hospital zu einem medizinischen Zentrum für Minenopfer mit angegliederter Prothesenwerkstatt und Gesundheitsstationen in vier weiteren nordirakischen Städten entwickelt.
"Nun müssen wir uns für den Notfall wappnen", sagte Miran. Für die Menschen, die an die türkische Grenze fliehen und kein Dach über den Kopf haben, habe sich die Situation schon jetzt dramatisch verschärft. "Wir brauchen Zelte, Decken und Medikamente." Bei action medeor läuft der Betrieb auf Hochtouren: Medikamente werden gepackt und erstmalig muss das Hilfswerk Gasmasken beschaffen.
Hintergrund: Aufgrund der UN-Sanktionen leben vor allem die Menschen in ländlichen Regionen unter schwierigsten sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen. Rund zwei Drittel der Bevölkerung sind auf Nahrungsmittelversorgung im Rahmen des Programms "Öl-für-Nahrung" angewiesen. Ein Krieg würde die Lage der Menschen dramatisch verschlechtern.
Vor dem Golfkrieg hatten die Iraker aufgrund ihrer Ölexporte einen hohen Lebensstandard, die Mehrheit der Bevölkerung zählte zur relativ wohlhabenden Mittelschicht. Mit einem guten Bildungsniveau, geringer Kindersterblichkeit, ausreichendem Zugang zu Trinkwasser und Sanitäreinrichtungen lag der Irak 1990 noch an 67. Stelle des UN-Entwicklungsindexes.
In den zwölf Jahren des Wirtschaftsembargos ist das Gesundheits- und Bildungssystem und die Wirtschaft zusammengebrochen. Heute besitzen die meisten Familien im Irak wenig mehr als ein eigenes Dach über dem Kopf. Der Anteil chronisch unterernährter Kinder unter fünf Jahren stieg von 18,7 Prozent nach dem Golfkrieg 1991 auf 30 Prozent im Jahr 2000. Irakische KIeinkinder leiden durchschnittlich 14 mal im Jahr unter Durchfall, was einem Anstieg von etwa 300 Prozent gegenüber 1990 entspricht.
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