Aids in Afrika
Kongo: Generika-Produktion auch unter schwierigen Bedingungen
Tönisvorst (ots)
Glück im Unglück hat Patrick Buhendwa*. Er ist einer von 30 Millionen HIV-Infizierten in Afrika - und er arbeitet bei Pharmakina in Bukavu/Kongo. Sein Arbeitgeber sorgt dafür, dass er ärztlich versorgt und mit modernen Medikamenten behandelt wird. Dadurch wird er noch viele Jahre ohne Krankheitssymptome bleiben und kann arbeiten und seine Familie ernähren.
Zu verdanken hat Buhendwa seine Zukunft auch der Thailänderin und medeor-Partnerin Krisana Kraisintu, die dieses Aids-Projekt auf dem Ökumenischen Kirchentag in Berlin vorstellte. Die 51jährige Pharmazeutin hat dafür gesorgt, dass Pharmakina nun auch tatsächlich in der Lage ist, Aids-Medikamente selbst zu produzieren. Sie hatte als Leiterin der Forschungsabteilung bei der thailändischen "Government Pharmaceutical Organization" gearbeitet und als Entwicklerin des billigsten Aids-Medikaments - ein Kombipräparat mit drei Wirkstoffen - schon Schlagzeilen gemacht. Seither setzt sie sich dafür ein, dass antiretrovirale Generika auch direkt in den armen afrikanischen Ländern mit hohen HIV-Infektionsraten mit ihrem Know-how billig produziert werden. Denn sonst bleibt der Zugang zu den lebenswichtigen Arzneimittel aufgrund der hohen Preise der patentgeschützten Originalpräparate den meisten Menschen in Afrika versperrt. Von den fast 30 Millionen HIV-infizierten Afrikanern erhalten nur 50.000 Menschen eine antiretrovirale Behandlung.
Das Aids-Projekt im Kongo hat für Kraisintu Modellcharakter. "Im Kongo herrscht Bürgerkrieg. Das erschwert den Aufbau der Produktion. Trotzdem sind wir bald am Ziel", sagte sie. "Das gibt uns die Hoffnung, dass wir es in Ländern mit stabilen Strukturen es genauso oder leichter schaffen können, lokale Afri-Vir-Produktionen aufzubauen." Allerding, räumte die Pharmazeutin ein, habe sie mit Pharmakina einen Partner mit idealen Voraussetzungen gefunden.
Pharmakina ist ein Arzneimittelhersteller, der von dem weltweit operierenden Pharmaunternehmen Hoffmann-LaRoche 1999 als nicht in die Unternehmensstrategie passend aufgegeben wurde. Der ehemalige Entwicklungshelfer und Manager Horst Gebbers erkannte das Potential des Betriebes, kaufte ihn zusammen mit seinem Kollegen Etienne Erny auf. Heute ist Pharmakina Marktführer für Malariamittel auf Chininbasis und mit 1200 Arbeitsplätzen der größte private Arbeitgeber einer Stadt mit 500.000 Einwohnern.
Weil die Aids-Epidemie in Afrika durch den krankheitsbedingten Ausfall der Arbeitskräfte die gesamte afrikanische Wirtschaft bedroht, kam Gebbers auf die Idee, für die eigenen Mitarbeiter antiretrovirale Medikamente selbst herzustellen. Er nahm Kontakt zu Krisana Kraisintu auf, die andere Vorhaben zur lokalen Produktion eines preisgünstigen Aids-Kombi-Präparates vorantreibt, teilweise in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Medikamenten-Hilfswerk action medeor. Daraus entstand ein Programm, in dem für die Mitarbeiter und ihre Angehörigen nicht nur kostenlos Medikamente zur Verfügung gestellt werden, sondern gleichzeitig unter einem Dach Diagnostik und ärztliche Behandlung sichergestellt ist. Dieses Projekt wird von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) im Rahmen eines Public-Private-Partnership-Programms unterstützt.
action medeor übernimmt die Qualitätssicherung. "Wir untersuchen die Medikamente stichprobenartig auf ihre Qualität", erklärte Bernd Pastors, Geschäftsführer von action medeor. "Außerdem wollen wir unsere Spenden dafür einsetzen, dass HIV-Infizierte, die in der Nachbarschaft wohnen und nicht bei Pharmakina arbeiten, behandelt werden."
Der Arzt Christoph Benn, Berater für Aids-Projekte und Mitglied in einem von der Völkergemeinschaft gegründeten Fond zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose, begrüßt dieses Projekt. "Dieses Modell markiert einen Meilenstein in der Entwicklungshilfe. Damit wird in Afrika europäischer Behandlungsstandard einsetzbar." Schon am Ende des Jahrzehnts rechnen Fachleute für viele afrikanische Staaten mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von wenig mehr als 30 Jahren. "Wenn nichts geschieht, droht Afrika der Kollaps, soziale Bindungen zerfallen und die Wirtschaft bricht komplett zusammen", so Benn weiter. Pharmakina will gegensteuern. Bernd Pastors hofft, dass dieses Projekt viele Nachahmer findet. Dann ließe sich der Trend umkehren.
* Name geändert
Deutsches Medikamenten-Hilfswerk action medeor St. Töniser Str. 21, D-47918 Tönisvorst Pressereferat Susanne Haacker Tel. 02156/9788-78 oder 0173/5152091 Fax. 02156/97 88 88
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