Bahn-Experten sprechen sich für Privatisierung der Deutschen Bahn inklusive Netz aus BahnBeirat präsentiert Stellungnahme zu Privatisierungsmodellen
Berlin (ots)
(Berlin, 16. Mai 2006) Hochrangige Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Medien und Gesellschaft haben sich heute in Berlin für eine Privatisierung der Deutschen Bahn AG in ihrer jetzigen Form ausgesprochen. "Eine wirksame Wettbewerbskontrolle, eine Vereinbarung zwischen Bund und DB über Qualität und Finanzierung der Schieneninfrastruktur sowie ein detaillierter Bericht über den Zustand der Bahn-Infrastruktur sind dafür die Voraussetzungen", sagte Prof. Horst Albach, Vorsitzender des Präsidiums des BahnBeirats. Dieser ist ein unabhängiges Gremium von 26 Experten, das den Vorstand der Deutschen Bahn AG seit 2002 berät. Mit Unverständnis reagierte der BahnBeirat auf Stellungnahmen während einer Anhörung in der vergangenen Woche im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages. Dabei seien zum Teil Meinungen geäußert worden, die einer sachlichen Überprüfung nicht standhalten. Kritik gab es aber auch an einzelnen Aspekten des Booz-Allen-Hamilton-Gutachtens, das als Grundlage der gegenwärtigen Diskussion gilt. Langfristige Prognosen bis zum Jahr 2020 seien etwa wenig überzeugend. So nehme etwa der Wettbewerb auf der Schiene bereits heute viel schneller zu als in dem Gutachten unterstellt. Nicht ernsthaft umstritten könne sein, so Prof. Peter Hommelhoff, Universität Heidelberg, dass die gegenwärtige Organisationsform der DB AG für eine Privatisierung rechtlich zulässig ist. "Das geltende Europarecht verlangt keinesfalls die institutionelle Trennung zwischen Eisenbahninfrastruktur und Eisenbahnverkehrsunternehmen. Deshalb steht die Holdinglösung der Deutschen Bahn verbunden mit einer effektiven Regulierung des Netzzugangs vollauf im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht", so Hommelhoff. Mit Blick auf die EU-Vorgaben sei entscheidend, dass ein freier Wettbewerb ermöglicht werde. Hieran bestehe mit Blick auf die aktuelle Entwicklung des Wettbewerbs auf dem Netz der DB AG kein Zweifel. Hommelhoff verwies hierzu auf die Analyse von Prof. Gerd Aberle, Mitautor des Papiers des BahnBeirats. Danach funktioniere der Wettbewerb auf der Schiene in Deutschland von Jahr zu Jahr besser. Die Bahnindustrie unterstütze das Vorhaben "Mehr Verkehr auf die Schiene" zu bringen, so Dr. Dieter Klumpp, Geschäftsführer der Alstom LHB GmbH und Vize-Präsident des Verbandes der Deutschen Bahnindustrie. Auch aus Sicht der Bahnindustrie seien mit der heutigen Verbundstruktur viele Vorteile für das System Schiene und die gesamte Branche verbunden. "Die Steuerung von Infrastruktur- und Transportentwicklung aus einer Hand ist Voraussetzung für umfassende Neuerungen, die auch die Exportchancen in der Bahntechnik sichern und weiter steigern, wie wir es nachweislich in den vergangenen Jahren erlebt haben", sagte Klumpp. Dr. Johannes Ludewig, Executive Director der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen und Infrastrukturgesellschaften (CER), der als Gast an der Pressekonferenz des BahnBeirats teilnahm, wies darauf hin, dass aus Brüsseler Sicht das deutsche Bahnwesen sehr erfolgreich sei. "Warum soll man ein gut funktionierendes Modell ohne Not in Frage stellen? Eine Abspaltung des Netzes würde dazu führen, dass die Deutsche Bahn mindestens zwei Jahre mit der Neuorganisation beschäftigt wäre, statt sich den Märkten und Kunden zu widmen. Die Wettbewerber in Europa warten nur darauf", sagte Ludewig. Der BahnBeirat wertete die im Booz-Allen-Hamilton-Gutachten enthaltenen Berechnungen hinsichtlich der Trennungskosten als zu konservativ. Während die Gutachter Synergieverluste und Trennungskosten in den ersten vier Jahren in Höhe von 2,6 Milliarden Euro bewerteten, sei tatsächlich von weitaus größeren Kosten auszugehen. Unterschätzt würden im Ergänzungsgutachten hingegen die haushaltspolitischen Vorteile des Börsengangs einer integrierten Bahn. Bei den Trennungsmodellen würden die bereits erreichten Fortschritte bei der Effizienz und Produktivität der Infrastruktur aufs Spiel gesetzt. Generelle Kritik übte der BahnBeirat am so genannten Eigentumsmodell, wonach der Bund zwar Eigentümer der Eisenbahn-Infrastruktur bliebe, die DB jedoch mit dem Betrieb beauftragen könne. Die Konsequenzen einer Übertragung des Eigentums an der Infrastruktur auf Verschuldung des Bundeshaushalts seien stärker zu gewichten. Im Eigentumsmodell geht das Anlagevermögen von gut 24 Milliarden Euro auf die Infrastruktureigentumsgesellschaft (IEG) des Bundes über. Damit gehe einher, auch 9,5 Milliarden Euro Nettofinanzschulden und 5,6 Milliarden Euro Zinslose Darlehen zu übernehmen. Damit werde das Eigentumsmodell ein "Entschuldungsmodell DB AG" und eine Übernahme der Risiken durch den Bund. Aufgrund der Forderung des Kapitalmarktes nach dem längerfristigen Nachweis einer positiven Entwicklung des Unternehmens führe jede Strukturänderung zur mehrjährigen Verzögerung einer Privatisierung. Strategische Optionen, die sich gerade jetzt in der Liberalisierungsphase der europäischen Schienen- und Nahverkehrsmärkte ergeben, blieben für die DB AG ungenutzt. Die Privatisierung der Bahn in ihrer heutigen Struktur ist nach Auffassung des BahnBeirats die konsequente Vollendung der Bahnreform.
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