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Solange sie noch wirken ...
Aktuelle Studie zum Antibiotikaeinsatz in Deutschland

Bonn (ots)

Einst galten Antibiotika als Wunderwaffe gegen
Infektionen. Doch ihr großzügiger Einsatz hat viele Erreger resistent
gemacht. Eine gemeinsame Studie des Wissenschaftlichen Instituts der
AOK (WIdO) und des Universitätsklinikums Freiburg analysiert kritisch
die Antibiotikaverordnungen in Deutschland und zeigt, wie Antibiotika
gezielter eingesetzt werden können. Auch wenn in Deutschland im
europäischen Vergleich der Verbrauch von Antibiotika relativ niedrig
ist, besteht kein Grund zur Entwarnung. In einer zunehmend mobilen
Gesellschaft kennen resistente Erreger keine nationalen Grenzen.
Damit Antibiotika auch zukünftig noch wirken, muss lokal gehandelt
und global gedacht werden.
Ein sorgloser und unangemessener Einsatz von Antibiotika führt 
dazu, dass  Bakterien zunehmend gegen Antibiotika resistent werden.
Auch für Deutschland scheint es eine Frage der Zeit zu sein, wann die
Resistenzen verstärkt auftreten: Große regionale Unterschiede im
Antibiotikaverbrauch sowohl bei der verordneten Menge als auch bei
den  verordneten Wirkstoffen begünstigen die Tendenz. Insbesondere
Ärzte in den alten Bundesländer verordnen deutlich mehr Antibiotika
als in den östlichen Regionen. "Im Saarland hat im Jahr 2001 jeder
Versicherte rund 6,3 Tage Antibiotika verordnet bekommen. Das ist
fast doppelt soviel wie ein Versicherter in Sachsen, der im gleichen
Zeitraum mit knapp 3,5 Tagen ausgekommen ist. Ob hierbei
Morbiditätsunterschiede eine Rolle spielen oder vielmehr regionale
Verordnungsgewohnheiten der Ärzte und eine unterschiedliche
Erwartungshaltungen der Patienten wirken, kann nur vermutet werden",
so Helmut Schröder vom WIdO.
Antibiotika wirken bei Bakterien aber nicht bei Viren.
Untersuchungen zeigen jedoch, dass beispielsweise in 80 Prozent der
Erkältungsfälle trotzdem Antibiotika eingesetzt werden. Am Beispiel
der häufigen Antibiotikaverordnungen bei Kindern stellt sich
ebenfalls die Frage nach dem indikationsgerechten Einsatz. So
erkranken Kinder besonders häufig an Mittelohrentzündungen. Das
erfordert nicht in allen Fällen eine Antibiotikabehandlung, sondern
heilt vielfach auch ohne Antibiotikagabe folgenlos aus. "Es liegen
keine Erkenntnisse vor, ob der Einsatz von Antibiotika immer
leitliniengerecht erfolgt", so Prof. Kern vom Universitätsklinikum
Freiburg. Allein im Jahr 2001 haben mehr als 3 Millionen Kinder bis
zu einem Alter von 10 Jahren im Durchschnitt eine 14tägige
Antibiotikatherapie erhalten.
Ist eine Antibiotikatherapie angezeigt, spielt die Wahl des
Wirkstoffs eine wichtige Rolle. Dabei sollte aufgrund der steigenden
Resistenzen zunächst auf bewährte Antibiotika zurückgegriffen werden.
Jede dritte deutsche Antibiotikaverordnung im Jahr 2001 fiel jedoch
auf ein Reserveantibiotikum und begünstigt damit eine
Resistenzentwicklung gegen die hochwirksamen Substanzen. Sie sollten
aber nur bei schwerwiegenden Erkrankungen oder bei schon bestehenden
Resistenzen eingesetzt werden.
Die vorliegende differenzierte Analyse bringt Licht ins Dunkel der
Antibiotikaverordnungen in Deutschland und fragt nach dem Nutzen und
Risiko der Antibiotikatherapie. Nur wenn die "goldene" Regel - so
wenig wie nötig und so gezielt wie möglich - bei jeder
Antibiotikaverordnung berücksichtigt wird, kann sicher gestellt
werden, dass Antibiotika noch lange wirken.
Die Studie ist ab sofort im WIdO erhältlich.
J. Günther, W. V. Kern, K. Nink, H. Schröder, K. de With:
   Solange sie noch wirken ... - Analysen und Kommentare zum
Antibiotikaverbauch in Deutschland
127 Seiten, 28 Abb., 16 Tab. Preis 10 Euro.
ISBN 3-922093-30-2. Bonn 2003
GKV-Arzneimittelindex
Wissenschaftliches Institut der AOK
Kortrijker Str. 1
53177 Bonn 
Tel.: 02 28/84 33 93
Fax:  02 28/84 31 44
email:  wido@wido.aok.bv.de

Original content of: Wissenschaftliches Institut der AOK, transmitted by news aktuell

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