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Wissenschaftliches Institut der AOK

Presseerklärung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK
Krankenhaus-Report 2004 erschienen
Qualität von Krankenhäusern muss transparenter werden

Bonn (ots)

Die Qualität von Krankenhäusern gehört derzeit noch
zu den bestgehüteten Geheimnissen in Deutschland. Während man in
anderen Ländern problemlos Vergleiche von Krankenhäusern im Internet
recherchieren kann, ist Deutschland in Sachen
Qualitätsberichterstattung eher Entwicklungsland. Ab dem kommenden
Jahr 2005 verpflichtet der Gesetzgeber alle Krankenhäuser zu
Qualitätsberichten. Diese sind nach Ansicht des Krankenhaus-Reports,
der heute in seiner neuen Ausgabe erschienen ist, erst der Beginn
einer notwendigen Entwicklung in Richtung auf mehr
Qualitätstransparenz. Krankenhäuser, so der Report, stehen als sozial
verantwortliche Unternehmen in der besonderen Pflicht gegenüber
Patienten und Öffentlichkeit, ihre Ergebnisse offenzulegen und sich
vergleichen zu lassen.
Andere Länder, so z. B. die USA oder Kanada, zeigen uns, wie ein
offener und zugleich verantwortlicher Umgang mit Kennzahlen der
Krankenhausqualität funktioniert, sagte Henner Schellschmidt vom WIdO
bei der Vorstellung des neuen Krankenhaus-Reports. Hieraus müsse man
lernen und auch für Deutschland geeignete Berichtssysteme aufbauen.
Der Krankenhaus-Report liefere hierfür die notwendigen Grundlagen.
Die Bilanz für das bereits erreichte Transparenzniveau in Deutschland
fällt eher kritisch aus. Dabei, so der Report, ist
Qualitätstransparenz zentral für die Weiterentwicklung des
Gesundheitswesens in Deutschland. Anders als früher vertraue man
heute nicht einfach auf gute Qualität in der Medizin, sondern wolle
zu Recht Belege hierfür sehen. Vertrauen, so Mitherausgeber
Bernt-Peter Robra von der Universität Magdeburg, verdiene, wer bereit
sei, Behandlungsergebnisse offen zu legen. So zeige ein Krankenhaus
seine Verantwortung gegenüber den Patienten und der Gesellschaft.
Kennzahlen der Krankenhausversorgung
Laut Krankenhaus-Report 2004 gab es im Jahr 2002 in Deutschland
2.222 Krankenhäuser (-0,8% gegenüber Vorjahr) mit rd. 547.000 Betten
(-1,0 %). Die durchschnittliche Verweildauer lag bei 9,2 Tagen, das
ist erneut ein Rückgang um 2,1 %. Es arbeiten mit knapp 113.000
Vollzeitkräften immer mehr Ärzte im Krankenhaus (+ 2,4 %). Im Jahr
1991 waren es noch 95.000. Eine Trendumkehr gab es beim
nichtärztlichen Personal: Während in den Vorjahren hier die Zahl der
Beschäftigten kontinuierlich zurückging, stieg der Wert in 2002
erstmals wieder um 2,2 % auf insgesamt gut 738.000 Vollkräfte.
Unverändert wächst die Zahl der im Krankenhaus behandelten Fälle an:
Im Jahr 2002 waren es 17,4 Mio. (+ 0,6 %). Auffällig ist auch, dass
die Auslastung der vorhandenen Betten trotz des Bettenabbaus immer
weiter zurück geht. Mit 80,1% Auslastung wurde der niedrigste Wert
seit 10 Jahren erreicht. Am meisten Sorgen machen die Kosten für das
Krankenhaus: Mit rd. 54,7 Mrd. Euro stieg der größte Ausgabenblock
der Gesetzlichen Krankenversicherung erneut um überdurchschnittliche
3,3 % gegenüber dem Vorjahr.
Große regionale Unterschiede
Unverändert sind die regionalen Unterschiede in der
Krankenhausversorgung. Das durchschnittliche Krankenhaus in
Deutschland hatte 246 Betten. Während sich aber in Ländern wie
Sachsen (333 Betten, +3,4%,) oder Thüringen (347 Betten, + 6,5%) die
Verdichtung auf große Einrichtungen fortsetzte, zeigen große
westdeutsche Flächenländer wie Baden-Württemberg (196 Betten, -1,8%)
oder Hessen (209 Betten, -3,5%) z. T. gegenläufige Tendenzen in
Richtung kleinerer Häuser mit weniger Betten. Die Krankenhäuser in
Schleswig Holstein sind im Durchschnitt nur halb so groß wie jene in
Hamburg oder Thüringen.
Die Bewohner Mecklenburg-Vorpommerns wurden am häufigsten in ein
Krankenhaus eingewiesen (2.134 je 10.000 Einwohner), während Hamburg
die wenigsten Krankenhausaufenthalte (1.583 je 10.000 Einwohner)
verzeichnet. Damit lag die Krankenhaushäufigkeit in
Mecklenburg-Vorpommern um rund 35% über der Rate von Hamburg, und
zwar unabhängig von der Alters- und Geschlechtsstruktur in den beiden
Ländern.
Beachtlich sind auch die Kostenunterschiede im Vergleich der
Bundesländer. Ein Krankenhausfall kostete 2002 durchschnittlich 3.475
Euro Euro; ein Tag im Krankenhaus im Schnitt 342 Euro. Allerdings
beliefen sich die durchschnittlichen Fallkosten in Berlin auf
stattliche 4.778 Euro und lagen damit um 66% höher als im
angrenzenden Brandenburg (2.878 Euro).
Langfristig private Kliniken auf dem Vormarsch
39,5% der Kliniken waren im Jahr 2002 in freigemeinnütziger
Trägerschaft, werden also von Kirchen oder Wohlfahrtsverbänden
betrieben. 36,8% befinden sich in öffentlicher Hand und 23,8% sind
private Kliniken. Langfristig sind die privaten Kliniken auf dem
Vormarsch: Seit 1991 hat sich ihre Zahl fast verdoppelt. Langfristige
Verlierer sind die öffentlichen Kliniken (-26,4% seit 1991) und die
freigemeinnützigen Kliniken (-7,0%). Ein Kliniksterben ist allerdings
angesichts eher geringer Rückgänge bei der Zahl der Häuser kaum
auszumachen. Im direkten Vergleich der Jahre 2001 und 2002 waren die
freigemeinnützigen Kliniken mit -2,9% (= 26 Kliniken) am stärksten
von Schließungen und Fusionen betroffen.
Die häufigsten Diagnosen bei Männern und Frauen
Männer wurden im Jahr 2002 am häufigsten wegen koronarer
Herzerkrankungen (292.386 Fälle), alkoholbedingter
Verhaltensstörungen (196.364 Fälle) sowie Leistenbrüchen (169.944
Fälle) imKrankenhaus behandelt. Bei den Frauen standen die normale
Entbindung (287.977 Fälle), Brustkrebserkrankungen (161.879 Fälle)
sowie die Herzinsuffizienz (149.421 Fälle) an der Spitze der
Diagnosestatistik.
Hospitalisierung älterer Menschen über 70 steigt weiter
Der Hospitalisierungsgrad älterer Menschen nimmt immer weiter zu.
Es wird immer wahrscheinlicher, dass man im hohen Alter ins
Krankenhaus eingewiesen wird. Dies läge, so WIdO-Geschäftsführer
Jürgen Klauber, am Ausbau der medizinisch-technischen Möglichkeiten
für die Behandlung älterer Menschen. Die Krankenhaushäufigkeit sei im
Alterssegment der über 70-Jährigen im Betrachtungszeitraum 2000 bis
2002 weiter angestiegen, während sie sich in allen anderen
Altersklassen kaum verändert habe, so Klauber. Statistisch gesehen
waren 70 von 100 Männern im Alter zwischen 85 und 90 im Laufe des
Jahres 2002 im Krankenhaus.
Schwerpunkt Qualitätstransparenz
Der Krankenhaus-Report berichtet seit 1993 jedes Jahr über die
zentralen Veränderungen im Krankenhausmarkt und diskutiert wichtige
Themen der Krankenhausversorgung. Unter dem neuen Schwerpunktthema
Qualitätstransparenz behandeln namhafte deutsche und internationale
Autoren u. a. folgende Fragen: Welche Funktion hat
Qualitätstransparenz in der stationären Versorgung? Wie ist der
aktuelle Stand der Qualitätsberichterstattung in Deutschland? Was
zeigen uns internationale Beispiele an sinnvollen Möglichkeiten? Was
dürfen die verschiedenen Beteiligten, d. h. die Patienten, die
Politik, die Vertragspartner und das Krankenhausmanagement, von einer
erweiterten Transparenz erwarten?
Mehr Operationen, bessere Qualität?
Eine Sonderanalyse im Krankenhaus-Report untersucht für
ausgewählte Niedrig-Risiko-Operationen den immer noch kritisch
diskutierten Zusammenhang von Menge und Qualität. Am Beispiel der
geplanten Implantation von Hüftge Hüftgelenks endoprothesen wird auf
Basis von AOK-Abrechnungsdaten aus den Jahren 1999-2002 dargestellt,
wie die Häufigkeit einer Operation in einer Klinik mit der Qualität
der Behandlung einhergeht. So war die Notwendigkeit eines erneuten
operativen Eingriffs (Revisionsoperation) innerhalb eines Jahres nach
Einbau einer Hüftendoprothese in Kliniken mit 5-35 Fällen pro Jahr um
mehr als 50% erhöht gegenüber Kliniken mit mindestens 130 Fällen.
Darüber hinaus war das Sterberisiko in den Kliniken mit wenigen
Fällen im Vergleich zu den Häusern mit vielen Fällen um mehr als das
Doppelte erhöht. Weitere risikoadjustierte Untersuchungen auf Basis
von Abrechnungsdaten finden sich für Kniegelenksendoprothesen sowie
Operationen bei Darmkrebs (Kolon-/Rektumkarzinom) und für
Brustkrebsoperationen. Auch für diese Eingriffe wurden in Kliniken
mit geringer Fallzahl höhere Krankenhaussterblichkeiten beobachtet.
"Es ist schon erstaunlich," so Henner Schellschmidt, "wie sich in
Deutschland Teile der Ärzteschaft gegen den international anerkannten
Zusammenhang von Erfahrung und Qualität in der medizinischen
Behandlung sträuben. Die Menge der Leistungen ist sicherlich nur eine
erste Annäherung, aber solange keine besseren Qualitätsinformationen
über einzelnen Kliniken zur Verfügung stehen, ist es sicherlich kein
Fehler, nach der jährlich durchgeführten Menge in einer Klinik zu
fragen. Mit unserem Schwerpunktthema Qualitätstransparenz wollen wir
einen Beitrag dazu leisten, dass Patienten und Öffentlichkeit
zukünftig mehr und bessere Informationen über die Qualität einzelner
Krankenhäuser zur Verfügung stehen."
Der Leser erhält mit dem Krankenhaus-Report ein fundiertes
Kompendium mit aktuellen Schwerpunktthemen und Diskussionsbeiträgen
renommierter Autoren sowie mit umfassenden Daten über deutsche
Krankenhäuser. Aktualisiert wurde die krankenhauspolitische Chronik
mit den wichtigsten Entscheidungen bis ins Jahr 2004. Im
Krankenhaus-Directory finden sich für über 1200 Krankenhäuser
DRG-Kennzahlen auf Basis der Budgetjahre 2003 und/oder 2004.
Extra-Service auf CD: Alle Tabellen und Graphiken sowie ergänzende
Daten für eigene Auswertungen, alle G-DRG-Fallpauschalenkataloge
sowie entsprechende Überleitungstabellen.
Jürgen Klauber/ Bernt-Peter Robra/ Henner Schellschmidt (Hrsg.):
   Krankenhaus-Report 2004, Schwerpunkt: 
   Qualitätstransparenz, incl. CD-ROM mit allen Tabellen und 
   Abbildungen sowie ergänzenden Daten für eigene Auswertungen. 
   Stuttgart/New York 2005; 448 S.; 47 Abbildungen;35 Tabellen; 
   kart.; Preis: 49,95 Euro; 
   ISBN 3-7945-2350-4

Pressekontakt:

Wissenschaftliches Institut der AOK
Kortrijker Straße 1
53177 Bonn
Tel.: 02 28/843-393
Fax: 02 28/843-144
Email: wido@wido.bv.aok.de
http://www.wido.de

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