Bruttoinlandsprodukt: Ausführliche Ergebnisse zur Wirtschaftsleistung im 2. Quartal 2021
WIESBADEN (ots)
Deutsche Wirtschaft erholt sich zunehmend von Auswirkungen der Corona-Pandemie - Wirtschaftsleistung noch 3,3 % unter Vorkrisenniveau
Bruttoinlandsprodukt, 2. Quartal 2021
+1,6 % zum Vorquartal (preis-, saison- und kalenderbereinigt)
+9,8 % zum Vorjahresquartal (preisbereinigt)
+9,4 % zum Vorjahresquartal (preis- und kalenderbereinigt)
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im 2. Quartal 2021 gegenüber dem 1. Quartal 2021 - preis-, saison- und kalenderbereinigt - um 1,6 % gestiegen. Nachdem die Corona-Krise zum Jahresbeginn 2021 zu einem erneuten Rückgang der Wirtschaftsleistung geführt hatte (nach neuesten Berechnungen -2,0 % im 1. Quartal), erholte sich die deutsche Wirtschaft im 2. Quartal wieder. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) fiel der Zuwachs um 0,1 Prozentpunkte höher aus als in der Schnellmeldung am 30. Juli 2021 berichtet. Gegenüber dem 4. Quartal 2019, dem Quartal vor Beginn der Corona-Krise, war die Wirtschaftsleistung noch 3,3 % geringer.
Inländische Nachfrage legt kräftig zu
Bedingt durch die zunehmenden Lockerungen im Rahmen der Corona-Pandemie wurde im 2. Quartal 2021 deutlich mehr konsumiert als zu Beginn des Jahres. Die privaten Konsumausgaben waren 3,2 % höher als im 1. Quartal (preis-, saison- und kalenderbereinigt), der Staat erhöhte seine Konsumausgaben um 1,8 %. Es wurde auch etwas mehr investiert als zu Jahresbeginn: Die Investitionen in Ausrüstungen - also vor allem in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge - sind preis-, saison- und kalenderbereinigt, ebenso wie die Bauinvestitionen, um 0,3 % gestiegen.
Auch der Handel mit dem Ausland nahm im Vergleich zum 1. Quartal 2021 zu: Im 2. Quartal 2021 wurden preis-, saison- und kalenderbereinigt 0,5 % mehr Waren und Dienstleistungen exportiert als im 1. Quartal 2021. Die Importe legten im Vorquartalsvergleich mit +2,1 % stärker zu.
Bruttowertschöpfung in Dienstleistungsbereichen im Plus, in der Industrie im Minus
Die preis-, saison- und kalenderbereinigte Bruttowertschöpfung stieg im 2. Quartal 2021 um 1,0 %. Dabei zeigte sich bezogen auf die einzelnen Wirtschaftsbereiche ein gemischtes Bild: Während die Bruttowertschöpfung in den Bereichen Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit (+3,8 %) und Handel, Verkehr, Gastgewerbe (+1,1 %) deutlich zulegte, stieg sie im Baugewerbe gegenüber dem 1. Quartal 2021 nur noch leicht (+0,1 %). Das Verarbeitende Gewerbe hingegen verzeichnete im 2. Quartal 2021 einen Rückgang der Bruttowertschöpfung um 1,3 %.
Deutlicher Anstieg des Bruttoinlandsprodukts im Vorjahresvergleich
Im Vorjahresvergleich war das BIP im 2. Quartal 2021 preisbereinigt um 9,8 %, preis- und kalenderbereinigt um 9,4 % höher als im 2. Quartal 2020, als die Wirtschaftsleistung infolge der Corona-Krise massiv zurückgegangen war.
Zuwachs der Nachfrage aus dem In- und Ausland gegenüber dem Vorjahr
Die inländische Nachfrage legte auch im Vorjahresvergleich deutlich zu: Die privaten Konsumausgaben stiegen im 2. Quartal 2021 preisbereinigt um 6,0 %, die staatlichen Konsumausgaben um 3,7 %. Investitionen in Ausrüstungen nahmen nach dem starken Einbruch im Vorjahresquartal im 2. Quartal 2021 wieder deutlich zu (+20,4 %). Auch die Bauinvestitionen lagen 2,9 % höher als im 2. Quartal 2020.
Der Außenhandel verzeichnete im Vergleich zum besonders von der ersten Corona-Welle betroffenen 2. Quartal 2020 ebenfalls deutliche Zuwächse: So wurden im 2. Quartal 2021 preisbereinigt 26,5 % mehr Waren und Dienstleistungen ins Ausland exportiert als im Vorjahresquartal. Die Importe nahmen im selben Zeitraum mit 20,1 % etwas weniger stark zu. Die deutschen Warenexporte stiegen stärker als die Warenimporte. Auch die deutschen Exporte und Importe von Dienstleistungen nahm nach vier Quartalen mit starken Rückgängen im 2. Quartal 2021 erstmals wieder zu.
Bruttowertschöpfung im Vorjahresvergleich in fast allen Wirtschaftsbereichen im Plus
Nachdem viele Wirtschaftsbereiche im Sommer 2020 zweistellige Einbrüche der preisbereinigten Bruttowertschöpfung zu verzeichnen hatten, legte die Wirtschaftsleistung im 2. Quartal 2021 gegenüber dem 2. Quartal 2020 in fast allen Wirtschaftsbereichen deutlich zu. Den größten Anstieg gab es mit +21,9 % im Verarbeitenden Gewerbe, gefolgt von den Bereichen Handel, Verkehr, Gastgewerbe (+11,0 %) und Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit (+10,2 %). Auch die Bruttowertschöpfung der Unternehmensdienstleister (+9,6 %) sowie der Sonstigen Dienstleister (+8,1 %), zu denen unter anderem die Bereiche Unterhaltung und Erholung zählen, stieg gegenüber dem 2. Quartal 2020 merklich an. Einen vergleichsweise geringen Zuwachs der Bruttowertschöpfung um 0,5 % verzeichnete das Baugewerbe.
Insgesamt lag die preisbereinigte Bruttowertschöpfung im 2. Quartal 2021 um 10,0 % über dem Niveau des 2. Quartals 2020.
Rückgang der Erwerbstätigkeit gegenüber dem Vorjahr gestoppt
Die Wirtschaftsleistung wurde im 2. Quartal 2021 von rund 44,7 Millionen Erwerbstätigen mit Arbeitsort in Deutschland erbracht. Damit blieb die Zahl der Erwerbstätigen im Vergleich zum 2. Quartal 2020 nahezu unverändert (+4 000 Personen beziehungsweise 0,0 %; siehe Pressemitteilung 389/21 vom 17. August 2021). Der Beschäftigungsrückgang im Vorjahresvergleich hat sich nicht weiter fortgesetzt, nachdem die Vorjahresveränderungsrate im 1. Quartal 2021 noch bei -1,5 % gelegen hatte. Diese Entwicklung lässt sich vor allem auf den starken Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen aufgrund der Corona-Krise im 2. Quartal 2020 zurückführen.
Die Zahl der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden je erwerbstätiger Person erhöhte sich nach ersten vorläufigen Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit im 2. Quartal 2021 im Vergleich zum Vorjahresquartal kräftig um 6,8 %. Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen - also die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitsstunden aller Erwerbstätigen - erhöhte sich im gleichen Zeitraum ebenfalls um 6,8 %. Auch diese Entwicklung geht mit dem starken Rückgang im Vorjahresquartal einher. Zudem zeigt sich hier die sinkende Inanspruchnahme von Kurzarbeit, die sich zwar nicht in der Zahl der Erwerbstätigen, aber in der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden niederschlägt.
Die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität - gemessen als preisbereinigtes BIP je Erwerbstätigenstunde - nahm nach vorläufigen Berechnungen gegenüber dem Vorjahresquartal um 2,8 % zu. Da die Zahl der Erwerbstätigen im Vorjahresvergleich nahezu unverändert blieb, stieg die Arbeitsproduktivität je Erwerbstätigen ebenso wie das BIP um 9,8 % gegenüber dem 2. Quartal 2020.
Sparquote im Vorjahresvergleich leicht rückläufig
In jeweiligen Preisen gerechnet war das BIP im 2. Quartal 2021 um 11,0 % und das Bruttonationaleinkommen um 10,9 % höher als ein Jahr zuvor. Noch stärker stieg das Volkseinkommen mit +12,8 %. Während das Arbeitnehmerentgelt nur um 4,9 % gegenüber dem Vorjahr anstieg, verzeichneten die Unternehmens- und Vermögenseinkommen nach ersten vorläufigen Berechnungen ein starkes Plus von 40,6 %. Im Vorjahresquartal war das Arbeitnehmerentgelt mit -3,2 % allerdings auch deutlich schwächer zurückgegangen als die Unternehmens- und Vermögenseinkommen mit -27,2 %. Die Bruttolöhne und -gehälter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer lagen im 2. Quartal 2021 um 5,4 % über dem Niveau des 2. Quartals 2020, die Nettolöhne und -gehälter 6,5 %. Im Durchschnitt je Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer nahmen die Löhne und Gehälter etwas weniger stark zu (brutto +5,2 %, netto +6,2 %). Das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte war 3,4 % höher als vor einem Jahr. Die privaten Konsumausgaben in jeweiligen Preisen stiegen gleichzeitig um 8,0 %, nach zuvor vier im Vorjahresvergleich rückläufigen Quartalen in Folge. Die im Verhältnis zum Anstieg des verfügbaren Einkommens stärkere Ausweitung der privaten Konsumausgaben führte dazu, dass die privaten Haushalte nun weniger sparten als im Vorjahresquartal. Nach vorläufigen Berechnungen ergibt sich für das 2. Quartal 2021 eine Sparquote von 16,3 %, nach 22,0 % im Vorquartal und 19,8 % im 2. Quartal 2020. Damit liegt die Sparneigung aber nach wie vor auf einem vergleichsweise hohen Niveau.
Internationaler und europäischer Vergleich
Viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) wiesen im 2. Quartal 2021 ein stärkeres Wirtschaftswachstum gegenüber dem Vorquartal auf als Deutschland. Im Vergleich zum 1. Quartal 2021 stieg das preis-, saison- und kalenderbereinigte BIP in Spanien um 2,8 % und in Italien um 2,7 % und damit mehr als einen Prozentpunkt stärker als in Deutschland (+1,6 %). Frankreich hingegen verzeichnete mit 0,9 % ein schwächeres Plus. Für die EU insgesamt meldete das europäische Statistikamt Eurostat nach vorläufigen Berechnungen einen BIP-Anstieg um 2,0 % gegenüber dem Vorquartal. Die Wirtschaftsleistung der Vereinigten Staaten wuchs im 2. Quartal 2021 mit umgerechnet +1,6 % genauso stark wie das deutsche BIP.
Auch im Vorjahresvergleich liegen die BIP-Wachstumsraten der meisten EU-Mitgliedstaaten höher als in Deutschland. Spanien (+19,8 %), Frankreich (+18,7 %) und Italien (+17,3 %) verzeichneten jeweils ein deutlich stärkeres preis-, saison- und kalenderbereinigtes Wirtschaftswachstum im Vergleich zum 2. Quartal 2020 als Deutschland (+9,4 %). Dies ist allerdings unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass die Wirtschaftsleistung in diesen Staaten im Zuge der ersten Corona-Welle vor einem Jahr auch stärker eingebrochen war. Für die EU insgesamt gab Eurostat ein vorläufiges Ergebnis von +13,2 % gegenüber dem Vorjahresquartal bekannt. Die Vereinigten Staaten meldeten ein Anstieg des BIP von umgerechnet 12,2 %.
Ein detaillierter Vergleich der Wachstumsraten der EU-Mitgliedstaaten ist im Webangebot "Europa in Zahlen" verfügbar.
Revision der bisherigen Ergebnisse und methodische Hinweise
Die größeren Unsicherheiten aufgrund der Corona-Pandemie können zu stärkeren Revisionen als sonst üblich führen. Das gilt insbesondere für die saison- und kalenderbereinigten Quartalswerte. Im Rahmen der Sommerrechnung wurden turnusmäßig neben den Berechnungen der letzten vier Jahre auch die Modelle und Parameter der Saison- und Kalenderbereinigung angepasst.
Im Vergleich zur Schnellmeldung am 30. Juli 2021 ergaben sich dabei für das Bruttoinlandsprodukt lediglich im 1. und 2. Quartal 2021 geringfügige Änderungen der bisherigen Ergebnisse. Detaillierte Angaben zu den Neuberechnungen enthält die Tabelle "Alt-Neu-Vergleich" in dieser Pressemitteilung.
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen visualisiert
Das Bruttoinlandsprodukt ist auch Teil des "Krisenmonitors" (www.destatis.de/krisenmonitor), mit dem das Statistische Bundesamt die Entwicklung wichtiger Konjunkturindikatoren in der Corona-Krise und in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 gegenüberstellt. Der Krisenmonitor ergänzt die Sonderseite "Corona-Statistiken" (www.destatis.de/corona), die statistische Informationen zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bündelt. Anschauliche aktualisierte Ergebnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) finden sich zudem im interaktiven VGR-Dashboard (www.destatis.de/vgr-dashboard).
Weitere Informationen:
Weitere Informationen zur Qualität der BIP-Schnellschätzung und warum das Statistische Bundesamt, beginnend mit dem 2. Quartal 2020, gerade in der Zeit der Corona-Pandemie erstmals die beschleunigte Berechnung des BIP veröffentlicht hat, erhalten Sie in unserem Podcast unter www.destatis.de --> Themen --> Wirtschaft --> Volkswirtschaftliche-Gesamtrechnungen-Inlandsprodukt --> Aktuelles.
In der Fachserie 18 "Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen", Reihe 1.2 "Vierteljahresergebnisse" sowie Reihe 1.3 "Saisonbereinigte Vierteljahresergebnisse nach X13" stehen tiefer gegliederte Ergebnisse zur Verfügung. Diese und weitere Veröffentlichungen sind unter www.destatis.de --> Themen --> Wirtschaft --> Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Inlandsprodukt -->Publikationen erhältlich.
Eine lange Reihe mit Quartalsergebnissen zum Bruttoinlandsprodukt seit dem 1. Quartal 1970 findet sich unter www.destatis.de --> Themen --> Wirtschaft --> Volkswirtschaftliche-Gesamtrechnungen-Inlandsprodukt --> Tabellen.
Diese und weitere aktuelle Ergebnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen können auch über die Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden.
Die vollständige Pressemitteilung sowie weitere Informationen und Funktionen sind im Internet-Angebot des Statistischen Bundesamtes unter https://www.destatis.de/pressemitteilungen zu finden.
Weitere Auskünfte:
VGR-Infoteam,
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