20,6 % weniger beantragte Regelinsolvenzen im September 2022 als im Vormonat
WIESBADEN (ots)
- Unternehmensinsolvenzen Juli 2022: -3,8 % zum Juli 2021
- Verbraucherinsolvenzen Juli 2022: -26,0 % zum Juli 2021
Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im September 2022 um 20,6 % gegenüber August 2022 gesunken. Im August 2022 dagegen war sie um 6,6 % gegenüber Juli 2022 gestiegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt in vielen Fällen annähernd drei Monate davor. Die Insolvenzstatistik bildet nur Geschäftsaufgaben ab, die im Zuge eines Insolvenzverfahrens ablaufen, nicht jedoch solche aus anderen Gründen beziehungsweise vor Eintritt akuter Zahlungsschwierigkeiten.
3,8 % weniger Unternehmensinsolvenzen im Juli 2022 im Vergleich zum Juli 2021
Im Juli 2022 haben die deutschen Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 1 154 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Das waren 3,8 % weniger als im Juli 2021.
Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus den im Juli 2022 gemeldeten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte auf knapp 0,8 Milliarden Euro. Im Juli 2021 hatten sie bei rund 4,6 Milliarden Euro gelegen, da mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen insolvent wurden als im Juli 2022.
Baugewerbe mit den meisten Insolvenzen
Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im Juli 2022 im Baugewerbe mit 245 Fällen (Juli 2021: 222; +10,4 %). Es folgte der Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 164 Verfahren (Juli 2021: 189; -13,2 %).
26,0 % weniger Verbraucherinsolvenzen im Juli 2022 als im Juli 2021
Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen ist im Juli 2022 um 26,0 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat gesunken. Die Entwicklung der Verbraucherinsolvenzen ist seit Mitte 2020 im Zusammenhang mit einem Gesetz zur schrittweisen Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre zu betrachten. Die Neuregelung gilt für seit dem 1. Oktober 2020 beantragte Verbraucherinsolvenzverfahren. Sie ermöglicht den Betroffenen einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang im Anschluss an ein Insolvenzverfahren. Daher ist davon auszugehen, dass viele überschuldete Privatpersonen ihren Insolvenzantrag zunächst zurückhielten, um von der Neuregelung zu profitieren. Dieser Nachholeffekt sorgte ab Anfang 2021 für einen starken Anstieg der Verbraucherinsolvenzen und scheint inzwischen beendet.
Methodische Hinweise:
Die vorläufigen monatlichen Angaben zu Regelinsolvenzverfahren, hier für September 2022, basieren auf aktuellen Insolvenzbekanntmachungen aller Amtsgerichte in Deutschland. Sie weisen noch nicht die methodische Reife und Belastbarkeit amtlicher Statistiken auf und zählen daher zu den experimentellen Daten. Als Frühindikator gibt die Zahl der beantragten Regelinsolvenzverfahren jedoch Hinweise auf die Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen nach der amtlichen Insolvenzstatistik, deren Ergebnisse erst rund zwei Monate später verfügbar sind. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht die Entwicklung der beantragten Regelinsolvenzverfahren in Deutschland monatlich auf der Sonderseite Corona-Statistiken im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes.
Von den Insolvenzverfahren in Deutschland sind 30 % Regelinsolvenzverfahren, zu denen in erster Linie alle Verfahren von Unternehmen zählen (rund 55 % aller Regelinsolvenzverfahren). Außerdem findet das Regelinsolvenzverfahren Anwendung bei Personen, die wirtschaftlich tätig sind. Dazu gehören unter anderem die persönlich haftenden Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (oHG), Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft sowie ehemals selbstständig Tätige, deren Vermögensverhältnisse als nicht überschaubar eingestuft werden. Zusätzlich werden beim Frühindikator aus methodischen Gründen auch die Nachlass- und Gesamtgutinsolvenzverfahren miteinbezogen.
Die Insolvenzstatistik erfasst keine Unternehmensschließungen, die unabhängig von einer Insolvenzantragspflicht aus anderen Gründen erfolgen.
Sonderregelungen in den Jahren 2020 und 2021 durch Corona und Hochwasser
Beim zeitlichen Vergleich der Insolvenzzahlen für Unternehmen ist zu beachten, dass das Insolvenzgeschehen in den Jahren 2020 und 2021 von Sonderregelungen geprägt war. Von Anfang März 2020 bis Ende 2020 war die Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen infolge der Corona-Pandemie ausgesetzt. Diese Regelung galt bis Ende April 2021 weiterhin für Unternehmen, bei denen die Auszahlung der seit 1. November 2020 vorgesehenen staatlichen Hilfeleistungen noch ausstand. Für diese Unternehmen wurde die Pflicht zur Beantragung eines Insolvenzverfahrens erst zum 1. Mai 2021 wieder vollumfänglich eingesetzt.
Beruhte der Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Auswirkungen der Starkregenfälle oder des Hochwassers im Juli 2021, war die Insolvenzantragspflicht bis 31. Januar 2022 ausgesetzt.
Weitere Informationen:
Detaillierte Daten können über die Tabellen 52411 (Insolvenzen) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden. Weitere Ergebnisse und methodische Hinweise bietet die Fachserie 2, Reihe 4.1.
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