Deutsche Konzerne verlagern vermehrt Produktion und Managementfunktionen von China nach Japan
Tokio/Berlin (ots)
38 % der deutschen Unternehmen verlagern Produktionsstätten von China nach Japan, 23 % verlagern regionale Managementfunktionen hierher.
- Größter Standortvorteil: 94 % der deutschen Unternehmen schätzen die wirtschaftliche Stabilität Japans
- Überzeugende Fundamentaldaten: 92 % der deutschen Unternehmen erwirtschafteten 2023 Gewinne in Japan; 21 % erzielten Gewinnmargen vor Steuern von mehr als 10 %
- Zentrale Gründe für Japan-Engagement: Umsatzpotential (81 %), Trendscouting (62 %) sowie Wettbewerbsbeobachtung (57 %)
- Größte Herausforderungen für Unternehmen: Rekrutierung von qualifiziertem Personal (82 %) und Währungsrisiken (76 %)
- Top 5-Land: 54 % der deutschen Konzernzentralen erwirtschaften wesentliche Umsatz- und Ergebnisbeiträge in Japan (+9 Prozentpunkte gegenüber 2021)
- Deutschlands Reputation leidet: Zunehmende Häufigkeit und Gewalt bei Demonstrationen beeinträchtigen den Ruf Deutschlands in Japan sagen 39 % der Befragten
Angesichts geopolitischer Unsicherheiten und des Ziels einer erhöhten Diversifizierung zeichnet sich ein neuer Trend ab. So beabsichtigen 38% der deutschen Unternehmen entweder Produktion von China nach Japan zu verlagern oder entscheiden sich bei Neu-Investitionen in Asien zugunsten des Standortes Japan. Knapp jedes vierte Unternehmen (23 %) verlagert regionale Managementfunktionen hierher.
Zudem wird das Land zunehmend als Asienzentrale relevant. Es ist nun für mehr als jedes vierte deutsche Unternehmen (26 %) das regionale Headquarter. Im Vorjahr war dies erst bei jedem fünften Befragten (20 %) der Fall. Damit schiebt sich Japan auf einen starken zweiten Platz hinter Singapur (28 %).
"Japan ist in Asien sehr angesehen, denn es bietet deutschen Unternehmen gleiche Wettbewerbsbedingungen, einen verlässlichen und stabilen Rechtsrahmen sowie ein kompatibles Wertegerüst", kommentiert Andreas Glunz, Bereichsvorstand International Business bei KPMG in Deutschland.
Das zeigt die aktuelle Geschäftsklimaumfrage "Economic Outlook - German Business in Japan 2024", eine gemeinsame Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Japan (AHK Japan) und KPMG Deutschland. Es nahmen 164 Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen in Japan teil. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 35 %.
Größter Vorteil Japans bleibt die ökonomische, politische und soziale Stabilität
Gerade in Zeiten geopolitischer Verwerfungen und multipler wirtschaftlicher Krisen erweist sich Japan als sicherer Hafen. Im globalen Vergleich erzielt das Land für seine Verlässlichkeit erneut absolute Spitzenwerte. Als größte Standortvorteile Japans bestätigen deutsche Unternehmen die wirtschaftliche Stabilität Japans (94 %), die Stabilität und Vertrauenswürdigkeit der Geschäftsbeziehungen (93 %) sowie die Sicherheit und soziale Stabilität (91 %).
"Japan ist die älteste Industrienation Asiens. Das Land bietet moderate Kostenstrukturen, loyale Arbeitnehmer, großzügige Förderprogramme der Regierung sowie eine hochentwickelte FuE-Landschaft. Das stabile Umfeld macht Japan auch als Produktionsstandort attraktiv", konstatiert Marcus Schürmann, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der AHK Japan.
Japan zählt für deutsche Konzernzentralen mehrheitlich zu Top 5-Ländern
Für 54 % der Unternehmen ist Japan eine der fünf größten Umsatz- und Ergebnisquellen im Gesamtkonzern. Dies entspricht einem Anstieg um sechs Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr bzw. von neun Prozentpunkten gegenüber 2021.
Grund dafür sind die überzeugenden Fundamentaldaten: 92% der deutschen Unternehmen erzielten in Japan letztes Jahr Gewinne. Auch die Profitabilität lässt sich sehen: Gut jedes fünfte Unternehmen (21 %) erzielte eine Gewinnmarge vor Steuern von mehr als zehn Prozent. Auch die Zukunftserwartungen sind von Optimismus geprägt: 66 % der Unternehmen rechnen für das laufende Jahr mit steigenden Gewinnen. Für das Jahr 2025 erwarten das sogar 78 %.
"In den letzten zehn Jahren hat sich Japan verändert und erheblich globalisiert. Man kann im Land nicht nur gutes Geld verdienen, sondern auch wettbewerbsfähig für den lokalen und globalen Markt produzieren: Von den über 700 deutschen Unternehmen in Japan produzieren mehr als achtzig Unternehmen in Japan an über 130 Standorten," so Marcus Schürmann (AHK).
Japan ist nicht nur ein Absatzmarkt: Trendscouting sowie Wettbewerbsbeobachtung werden strategisch immer wichtiger
Für 81 % der deutschen Unternehmen ist das beeindruckende Absatzpotential Japans - einem Markt mit über 124 Millionen Konsumenten - der wichtigste Grund für ihr Engagement. Das Scouting neuer Trends in Technologie und Innovation benennen 62 % als zweitwichtigsten Grund. Das entspricht einem Anstieg von fünf Prozentpunkten.
Die Beobachtung der japanischen Wettbewerber - für 57 % der Unternehmen - und die Teilhabe an den globalen Geschäftsnetzwerken japanischer Konzerne - für 47 % der Unternehmen - spielen ebenfalls eine wesentliche Rolle.
"Als dritt- und viertgrößte Volkswirtschaften begegnen sich deutsche und japanische Unternehmen überall auf der Welt, sowohl als Wettbewerber als auch als Kooperationspartner. Das immer mehr deutsche Unternehmen ihre japanischen Peers in ihrem Heimatmarkt beobachten, ist ein strategisch geschickter Schachzug", kommentiert Andreas Glunz, Bereichsvorstand International Business bei KPMG in Deutschland.
Deutschlands Reputation leidet in Japan - das zeigt die Outside-In-Betrachtung
Neu in der Studienreihe von AHK Japan und KPMG Deutschland ist die Frage nach der Reputation des Wirtschaftsstandorts Deutschland aus japanischer Sicht. Demnach belasten die zunehmende Häufigkeit und Gewaltbereitschaft bei Demonstrationen und Protesten in Deutschland aus Sicht von 39 % der Befragten das Image Deutschlands in Japan am stärksten. Auch Klimaaktivisten und die veraltete Infrastruktur in Deutschland kratzen am Renommee Deutschlands in Japan, sagen jeweils 27 % der deutschen Unternehmen in Japan.
"Der zunehmend kritische Blick aus Japan auf Deutschland deckt sich auch mit den Beobachtungen unserer im März 2024 veröffentlichten Studie von KPMG Deutschland "Business Destination Germany 2024", sagt Bereichsvorstand Andreas Glunz (KPMG). "Fast zwei Drittel (63 %) der in Deutschland befragten japanischen Unternehmen zählen Deutschland hinsichtlich seiner digitalen Infrastruktur zu den schwächsten fünf EU-Ländern; 40 % nennen Deutschland sogar als Schlusslicht in der EU bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung."
Herausforderungen nehmen zu
Die Herausforderung, Fachpersonal mit adäquaten Qualifikationen zu rekrutieren, bleibt für 82 % der Unternehmen das größte Hindernis in Japan.
"Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, führt die AHK Japan ab April 2024 die duale Ausbildung nach deutschem Vorbild in Japan ein und fokussiert sich im ersten Schritt auf Automotive Mechatronics", so Marcus Schürmann, Geschäftsführender Vorstand der AHK Japan.
Aufgrund des schwachen Yen in den letzten vier Jahren und der hohen Staatsverschuldung Japans benennen 76 % der Befragten Währungsrisiken als zweitgrößte Herausforderung (+ 13 Prozentpunkte vs. 2022).
Hohe Rohstoff- und Energiepreise, Inflation und Probleme in den Lieferketten sind zwar weiterhin präsent, doch nimmt deren Relevanz im Vergleich zum Vorjahr deutlich ab um 11 Prozentpunkte, 18 Prozentpunkte bzw. sogar 29 Prozentpunkte.
Auch die Inflation beeinflusst die Unternehmen weniger. Nur noch knapp jeder zweite Befragte (49 %) bezeichnet sie als Herausforderung. Im Vorjahr sagten dies noch 67 %. Im Gegenzug nimmt die Belastung durch zuletzt steigende Arbeitskosten in Japan spürbar zu (44 %; d.h. +7 Prozentpunkte ggü. Vorjahr).
Zur Geschäftsklimaumfrage
Die AHK Japan und die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft haben für die Geschäftsklimaumfrage "German Business in Japan 2024" 472 Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen in Japan befragt. Insgesamt 164 Unternehmen (35%) nahmen teil. Der Durchführungszeitraum lag zwischen dem 30. Januar und 13. Februar 2024. Die Fragen konzentrieren sich auf den wirtschaftlichen Ausblick der deutschen Unternehmen in Japan sowie auf deren Herausforderungen und Geschäftschancen.
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