Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS)
Leben im Freien
Auch hier reden die Gerichte oftmals ein Wörtchen mit
Berlin (ots)
Sommer, das bedeutet für die meisten Menschen, möglichst viel Zeit im Freien zu verbringen. Und irgendwie verbinden sie damit auch ein wenig mehr Freiheit. Sie wollen im Garten, auf dem Balkon und auf der Terrasse all das tun, worauf sie in der kalten Jahreszeit verzichten mussten. Doch dem Freiheitsdrang setzt die Justiz manchmal Grenzen. Wenn die Belange anderer betroffen sind, dann müssen die eigenen Interessen zurücktreten.
Diese Extra-Ausgabe des Infodienstes Recht und Steuern der LBS stellt Urteile deutscher Gerichte vor, in denen es um das Thema Garten und Balkon geht. Es zeigt sich dabei, dass die Richter durchaus flexibel denken. Mal räumen sie den Entfaltungswünschen der Gartenfreunde den Vorrang ein, mal betonen sie den Schutz der Nachbarn.
Ein steinerner Findling auf einer Rasenfläche kann vielerlei Funktionen haben. Er kann als Zierde gedacht sein, er kann aber auch das unerwünschte Parken von Autos verhindern. Letzteres hatten die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinn. Sie beschlossen mehrheitlich, aber gegen den Willen eines Eigentümers, zwei bis drei stattliche Findlinge aufstellen zu lassen. Das durften sie allerdings nach Überzeugung des Amtsgerichts Oberhausen (Aktenzeichen 34 C 94/12) gar nicht. Denn solch eine Aktion geht weit über eine bloße gärtnerische Gestaltung hinaus. Sie stellt eine bauliche Veränderung dar und bedarf einer einstimmigen Beschlussfassung.
Vögel können große Schäden anrichten, wenn sie die geplante Obsternte einfach so wegfressen. Besonders schlimm ist das bei landwirtschaftlichen Betrieben, weswegen sich die Verantwortlichen immer neue Maßnahmen zum Verscheuchen der Tiere mit akustischen und pyrotechnischen Anlagen einfallen lassen. Doch es ist zumindest dann Vorsicht geboten, wenn in der Nachbarschaft ein Wohngebiet liegt. In diesem Falle müssen sich die Landwirte nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg (Aktenzeichen 10 S 1663/11) zurückhalten. Größere Lärmeinwirkungen sind den Anwohnern nicht zumutbar, die Geräuschentwicklung muss eingedämmt werden.
Zu den vergleichsweise harmlosen Sommerhobbys von Mietern gehört es, auf dem Balkon Blumen zu pflanzen. Besonders bieten sich dazu spezielle Blumenkästen an, die an der Außenseite der Brüstungen angebracht (eingehängt) werden. Ein Wohnungseigentümer wollte das nicht dulden. Er bestand auf einer Entfernung, da diese Blumenkästen ein Sicherheitsrisiko für Passanten darstellten. Das Amtsgericht Charlottenburg (Aktenzeichen 235 C 169/11) wollte sich dieser Meinung nicht anschließen. Die Einrichtung mache einen stabilen Eindruck. Außerdem zeige die Lebenserfahrung, dass in Berlin nicht ständig Menschen und Sachen wegen herabfallender Balkonkästen gefährdet würden.
Aber wie sieht es mit einer Lichterkette aus, die - von außen gut sichtbar - an einem Balkon angebracht wird? Überschreitet ein Mieter dadurch die Grenzen des Zulässigen und trägt er dazu bei, dass eine Immobilie als Ganzes plötzlich auf Außenstehende unseriös wirkt? Das Amtsgericht Eschweiler (Aktenzeichen 26 C 43/14) bestritt das. Es sei inzwischen nicht nur zur Weihnachtszeit eine weit verbreitete Sitte, solche Lichter am Balkon anzubringen. Die Kette durfte trotz des Widerspruchs des Eigentümers bleiben.
Nicht ganz so einfach ist es, wenn ein Mieter in den Sommermonaten plötzlich einen Pavillon auf seiner Terrasse aufstellt. Das bewegt sich nach Ansicht der Justiz nicht mehr im Rahmen des Üblichen. Die Auswirkungen auf das Erscheinungsbild der Immobilie seien erheblich, so das Amtsgericht Spandau (Aktenzeichen 6 C 281/12). Deswegen hätte der Mieter vorher fragen müssen. Das sei ähnlich wie bei einem weithin sichtbaren Katzennest, das den optischen Eindruck eines Anwesens verändere.
Der Gestaltungsdrang bei den Eigentümern von Sondernutzungsflächen reicht manchmal sehr weit. So errichtete ein Betroffener eine massive Steinmauer in dem Teil des Gartens, für den er zuständig war. Das gefiel den Miteigentümern ganz und gar nicht. Sie vertraten die Meinung, sie hätten zumindest vorher um eine Zustimmung gebeten werden müssen. Das sah auch das Landgericht Frankfurt/Main (Aktenzeichen 2-13 S 82/12) so. Hier handle es sich - sogar auf einer Sondernutzungsfläche - um eine erhebliche Veränderung des Erscheinungsbildes einer gesamten Immobilie. Von üblicher Gartengestaltung könne man nicht mehr sprechen.
Die Erdgeschossbewohner (und damit meistens auch Sondernutzungsberechtigte für bestimmte Gartenteile) können aber auch nicht für alles verantwortlich gemacht werden. So forderte ein im ersten Obergeschoss wohnender Eigentümer, der Eigentümer im Erdgeschoss müsse eine störende Kirschlorbeerhecke entfernen. Doch der weigerte sich. Er habe diese Hecke weder gepflanzt noch sonst irgendetwas mit ihr zu tun. Das Landgericht Hamburg (Aktenzeichen 318 S 130/12) konnte auch nicht recht erkennen, auf welcher Rechtsgrundlage nun ausgerechnet der Beklagte dazu gezwungen werden könnte, den Lorbeer zu entfernen. Es handle sich hier offensichtlich um Gemeinschaftseigentum, für das dann auch die Gemeinschaft zuständig sei.
Die Errichtung von Gartenhäusern und Freisitzen ist in vielen Situationen durchaus erlaubt. Doch stößt auch hier der Expansionsdrang mancher Eigentümer/Mieter auf Grenzen. Ein größeres Gartenhaus von mehr als 30 Kubikmetern Rauminhalt ist nach Überzeugung des nordrhein-westfälischen Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen (Aktenzeichen 6 K 3801/11) zu viel des Guten. Es hätte zuvor auf ordnungsgemäßen Wegen beantragt werden müssen. Weil das nicht geschehen war, entschieden die Richter auf einen Abriss. Die Anlage sei so, wie sie sich jetzt darstelle, ohnehin kaum genehmigungsfähig.
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