Neuorientierung bei der Behandlung von Wechseljahresbeschwerden: Art und Anwendung der Hormone ist entscheidend
Düsseldorf (ots)
Individuelle Gesundheitsrisiken wie Übergewicht lassen sich im Wesentlichen durch die Frau selbst beeinflussen. In erster Linie mit gesunder Ernährung, einem vernünftigen Lebensstil und viel Bewegung. Liegen individuelle Risiken bei Frauen mit Wechseljahresbeschwerden vor, sollte bei einer Hormonbehandlung eine möglichst risikoarme Form gewählt werden. Neuere Studien zeigen: Die Zufuhr von Estrogenen über die Haut ist bei angeborenen oder erworbenen Störungen der Blutgerinnung, aber auch bei Frauen mit Übergewicht sicherer als die Einnahme von Tabletten. Bei einer Kombinationstherapie mit Estrogenen erhöht natürliches Progesteron im Vergleich zu synthetischen Gestagenen nicht das Brustkrebsrisiko, selbst wenn es über einen längeren Zeitraum eingenommen wird.
Die Sicherheit der Hormontherapie ist aber nicht nur bei Risiko-Patientinnen wichtig, betonte Privatdozent Dr. Alexander Römmler vom Hormonzentrum München beim jüngsten Kongress der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Anti-Aging Medizin in Düsseldorf. Eine Reihe methodenbedingter Risiken sind vermeidbar: Allein durch die Kombination von natürlichen Hormonen sinkt die Wahrscheinlichkeit für venöse Thrombosen. Unter der gängigen Hormonersatztherapie mit Tabletten, die Estrogene und Gestagene enthalten, steigt das Thromboserisiko. Werden Estrogene über die Haut zugeführt, ist dies nicht der Fall.
Übergewichtige Frauen profitieren besonders von dieser Art der Hormonersatztherapie, betonte Professor Heinz-Günther Bohnet aus Hamburg: Mit der Ausprägung des Übergewichtes steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Blutgerinnsel in den tiefen Bein- oder Beckenvenen entwickelt. Bei einem Body Mass Index (BMI) von 25-30 kg/m2 klettert das ohnehin erhöhte Grundrisiko unter Estrogenen in Tablettenform auf das Dreifache, bei stark übergewichtigen Frauen sogar auf das Fünffache an.
Auch für Patientinnen mit angeborenen Blutgerinnungsstörungen ist die Anwendung von Estrogenen über die Haut weitaus sicherer als die Tablettenform, betonte Bohnet. Insgesamt führen Estrogene in Form eines Gels (wie Gynokadin® Dosiergel) offensichtlich nicht zu einem erhöhten Risiko für venöse Gefäßverschlüsse. Die Gelform hat zudem den Vorteil, dass sehr individuell, den täglichen Bedürfnissen der Frau angepasst, dosiert werden kann.
Natürliche Sexualhormone in der sichersten Form anwenden
Als "epochale Erkenntnis" im Zusammenhang mit dem Brustkrebsrisiko wertete Römmler die Ergebnisse der großen Studien, nach denen Gestagene nicht - wie erwartet - vor Brustkrebs schützen. Sind dabei Unterschiede zwischen synthetischen und natürlichen Gestagenen maßgeblich? Für Römmler besteht hier kaum ein Zweifel. Er schreibt dem körpereigenen Progesteron eine Schutzfunktion zu. Seine Begründung: Das Brustkrebsrisiko einer Frau nimmt umso stärker ab, je mehr Kinder sie geboren hat. In der Schwangerschaft sind die Blutspiegel von Progesteron so hoch wie in keiner anderen Lebensphase. "Es ist wahrscheinlich ein natürlicher Schutzfaktor gegen Brustkrebs", so Römmler.
Seit kurzem werden diese Überlegungen gestützt durch die Ergebnisse einer französischen Kohortenstudie, in der sich natürliches, mikronisiertes Progesteron (Utrogest®) im Vergleich zu synthetischen Gestagenen beim Brustkrebsrisiko als vorteilhafter erwiesen hat: Bereits in der Zwischenanalyse nach 3,3 Jahren Hormontherapie war das Brustkrebsrisiko in der Gruppe von Frauen nicht angestiegen, die Estrogene in Kombination mit Progesteron angewandt hatten. Die jüngste Auswertung umfasst nahezu 70.000 Frauen, eine Beobachtungszeit von 7,7 Jahren, 1.896 Brustkrebsfälle und eine mittlere Dauer der Hormonanwendung von 5,5 Jahren. Hier bestätigten sich die Unterschiede: Kein Anstieg des Brustkrebsrisikos in der Kombination mit natürlichem Progesteron, dagegen ein eindeutiger Anstieg bei Kombination mit synthetischen Gestagenen.
Quelle: Symposium "Neuorientierung bei der Hormonersatztherapie" anlässlich der 6. Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Anti-Aging Medizin am 19. Mai 2006 in Düsseldorf
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