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Stuttgarter Nachrichten: Ex-Innenminister Baum: Es gibt kein Recht auf innere Sicherheit - Risiken für Internetnutzer erinnern ihn an Radikalenerlass

Stuttgart (ots)

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum
greift seinen amtierenden Nachfolger Wolfgang Schäuble (CDU) wegen 
dessen Sicherheitspolitik scharf an. "Wir bewegen uns seit vielen 
Jahren von der Freiheit weg zur Sicherheit hin", sagte Baum den 
Stuttgarter Nachrichten (Freitag). Im Zusammenhang mit der geplanten 
Online-Überwachung und der Speicherung von Telekommunikationsdaten 
sagte Baum: "Wir haben auch hier das Augenmaß verloren." Der Staat 
sammle in großem Umfang Informationen über völlig unbescholtene 
Bürger und deren Privatheit. "Wir erkaufen den Sicherheitsgewinn 
durch immer größere Freiheitseinschränkung." Durch die zunehmende 
technologische Entwicklung durch biometrische Pässe mit 
elektronischen Fingerabdrücken gerieten die Bürger in einen Staat, 
"der immer mehr überwacht statt zu beschützen".
Die Menschenwürde gebiete es, den Kern der Privatsphäre zu 
schützen, sagte der FD-Politiker: "Die Würde ist nicht mit anderen 
Zielen abwägbar oder wegwägbar." Seit dem RAF-Terror reden wir uns in
einen Ausnahmezustand hinein. Aber wir dürfen die Angst nicht zum 
Ratgeber werden lassen. Wir können unsere Freiheit nur verteidigen, 
indem wir sie leben. Sicherheit kann nicht zu einem dominierenden 
Staatsziel werden - Zielgröße ist immer die Freiheit. Es gibt kein 
Recht auf innere Sicherheit; sie kann nur der Freiheit dienen."
Eindringlich mahnte der frühere Innenminister die Bürger, ihre 
persönlichen Daten zu schützen. "Die Lethargie gegenüber den 
Schutzmaßnahmen ihrer Privatsphäre, ist sehr viel größer als vor 20 
Jahren." Es gebe eine Senkung der Schamgrenze: "Die Menschen 
vertrauen dem Internet so viel Privates an, sie offenbaren sich." 
Technisch sei es möglich, dass sich Arbeitgeber im Netz über 
potenziellen Bewerber informierten. Baum: "Mich erinnert das an den 
Radikalenerlass, als junge Menschen, die rund um 1968 aufgefallen 
waren, vom öffentlichen Dienst abgelehnt wurden. Sie konnten nur 
vermuten, dass der Verfassungsschutz dahinter steckt. Bei wichtigen 
Entscheidungen, die über sie getroffen werden, werden die jungen 
Menschen feststellen, dass all das im Netz bleibt, was sie 
hineingestellt haben."
Baum lehnt auch den Bundeswehr-Einsatz im Inneren ab: "Ich halte 
die rechtliche und politische Verknüpfung von Verbrechen und Krieg, 
von Polizei und Geheimdiensten, von Polizei und Bundeswehr für fatal.
Unsere Rechtsordnung ist stark genug, um mit der Bedrohung fertig zu 
werden. Wir brauchen kein Feindstrafrecht, wir befinden uns nicht im 
Krieg."

Pressekontakt:

Stuttgarter Nachrichten
Chef vom Dienst
Joachim Volk
Telefon: 0711 / 7205 - 7110
cvd@stn.zgs.de

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