Stuttgarter Nachrichten: Stuttgarter Nachrichten: Leitartikel
Stuttgart (ots)
"Stuttgarter Nachrichten" zu Stasi-Akten/Kohl: Eine Lex Kohl gibt es nicht. Die Union hatte dem Stasi- Unterlagengesetz ihre Zustimmung dereinst verweigert. Böse Zungen mögen spekulieren, dass dies geschah, um Helmut Kohl nicht öffentlich vorzuführen - wer weiß schon, was die Stasi alles notiert hat. Grundsätzlich ist nicht auszuschließen, dass die Stasi-Akte manches Indiz für sonderbare Abwicklungen zwischen den Regierungen in Bonn und Ost-Berlin dokumentieren. Aber nach allem, was wir wissen, gilt: Es geht hier nicht um den Täter Helmut Kohl, sondern um das mögliche Opfer. Der Osten hat die Rosskur der Stasi-Überprüfungen weder menschlich noch politisch spurlos überstanden. Es hat wehgetan. Und nicht wenige Ostdeutsche wollen, dass nun der Westen Gleiches leistet. Das aber ist ein so dummer wie falscher Reflex. Der Fall Wallraff zeigt, wohin ideologische Verwirrung und die Aussicht auf karrierefördernde Exklusivinformationen aus dem Reich des Bösen führen können. Und ja, es hat im Westen Verräter gegeben. Aber die Bundesrepublik war nun wirklich nicht von der Stasi unterwandert. Auch das politisches System wehrt sich: Jeder Parlamentarier, der unter entferntestem Stasi-Verdacht steht, wird sofort gemeldet. Eine erneute, allumfassende Stasi-Überprüfung kann sich der Bundestag also sparen.
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