Energiewende bei Privathaushalten: Große Potenziale im Wohnungsbestand
Frankfurt am Main (ots)
- Verdoppelung der Emissionsreduktion für Erreichen der Klimaziele nötig
- Insbesondere Haushalte mit niedrigen Einkommen wohnen in sanierungsbedürftigen Gebäuden
- Finanzielle Aspekte größter Hebel für Sanierung
Auf Privathaushalte entfällt mehr als ein Viertel des Energieverbrauchs in Deutschland. Ein Großteil davon wird für das Heizen von Innenräumen verwendet - und zwar noch immer im Wesentlichen auf Basis fossiler Energieträger. Wohngebäude sind daher ein wichtiger Faktor auf dem angestrebten Weg zur Klimaneutralität. Zwar hat der Gebäudesektor seine Treibhausgasemissionen seit 1990 fast halbieren können, aber um das im Klimaschutzgesetz definierte Sektorziel für das Jahr 2030 zu erreichen, müssen die jährlichen Anstrengungen noch einmal verdoppelt werden, wie eine aktuelle Analyse von KfW Research zeigt.
Für die Untersuchung hat KfW Research auf Basis des repräsentativen KfW-Energiewendebarometers ermittelt, in welchem energetischen Zustand sich der Gebäudebestand befindet und welche Haushalte in den Häusern mit dem größten Sanierungsbedarf wohnen. Daraus lassen sich Rückschlüsse darauf ziehen, welche Haushalte durch eine Verbesserung der Gebäudeeffizienz besonderes entlastet werden könnten und wo das Potenzial für eine Senkung der Treibhausgasemissionen am größten ist. Zentrale Ergebnisse sind:
- Einkommensschwächere Haushalte leben häufig in älteren Gebäuden. Die bewohnten Gebäude sind bei der einkommensschwächsten Gruppe (unterstes Quartil) rund 16 Jahre älter als bei der einkommensstärksten (oberstes Quartil).
- Mit Blick auf das Gebäudealter gibt es ein Stadt-Land-Gefälle. Der Anteil der nach 1979 gebauten Gebäude ist im ländlichen Raum deutlich höher als in Städten; - Neubaugebiete werden primär "auf dem Land" erschlossen, wo die benötigten Flächen dafür vorhanden sind.
- Entscheidend für die Energiebilanz ist der Dämmzustand eines Gebäudes, sprich ob z. B. Außenwand, Dach und Kellerdecke - ggf. nachträglich im Rahmen einer energetischen Sanierung - gedämmt sind. Die KfW-Analyse zeigt, dass zwischen Gebäudealter und Dämmzustand ein klarer Zusammenhang besteht. Gebäude, bei denen mehrere Bereiche gedämmt sind, sind deutlich jünger als die restlichen Gebäude. So sind die am besten gedämmten Gebäude im Schnitt mehr als 30 Jahre jünger als die am schlechtesten gedämmten Gebäude. Zudem zeigt sich, dass einkommensschwächere Haushalte und Mieter in schlechter gedämmten Gebäuden als einkommensstarke Haushalte und Eigentümer leben.
- Sanierungen scheiterten bisher in erster Linie an finanziellen Gründen. Rund 25 % der im KfW-Energiewendebarometer befragten Haushalte gaben an, sich eine neue Dämmung nicht leisten zu können; bei Fenstern waren es sogar 30 %. Die entsprechenden Anteile bei Photovoltaik und Solarthermie liegen zwischen diesen beiden Werten.
"Der Gebäudebestand in Deutschland ist aktuell noch weit davon entfernt, klimaneutral zu sein. Die Ergebnisse des KfW-Energiewendebarometers zeigen, dass ein erhebliches Potenzial in der energetischen Sanierung der Wohngebäude steckt. Dieses Potenzial gilt es zu heben. Denn nach wie vor ist ein Großteil der Wohnungen noch auf fossile Energieträger angewiesen und weist zum Teil noch erhebliche Defizite bei der Energieeffizienz auf", sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW.
Die aktuell hohen Energiepreise und der durch die steigenden Zinsen verstärkte Rückgang der Neubauaktivitäten eröffnen zwar Spielräume, um dem Thema energetische Sanierung des Gebäudebestandes den dringend benötigten Auftrieb zu verschaffen. Nicht jeder, der gern sanieren möchte, ist dazu aber auch in der Lage. "Die Entscheidung zur energetischen Sanierung ist häufig immer noch eine finanzielle Herausforderung. Dies gilt insbesondere für Haushalte mit niedrigen Einkommen, die weniger finanzielle Handlungsspielräume haben und öfter in sanierungsbedürftigen Objekten wohnen", fasst Köhler-Geib das Kernproblem zusammen.
Es sei deshalb wichtig, die aktuell hohen Belastungen durch die gestiegenen Energiepreise abzufedern, um den Haushalten Handlungsspielraum zu eröffnen und die Akzeptanz des eingeschlagenen Weges in der Bevölkerung hochzuhalten - ohne dabei das Erfordernis weiterer Investitionen zu verschleiern. "Eine gut abgestimmte Kombination von Entlastungsmaßnahmen, Investitionsförderung und informatorischer Unterstützung erscheint zielführend, um die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen und gleichzeitig die Abhängigkeit der Haushalte von fossilen Energieträgern zu verringern", so Köhler-Geib.
Die aktuelle Analyse von KfW Research ist abrufbar unter www.kfw.de/fokus
Zum Datenhintergrund:
Das KfW-Energiewendebarometer ist eine jährlich erscheinende haushaltsrepräsentative Befragung von etwa 4.000 in Deutschland ansässigen privaten Haushalten zu Entscheidungen der Energieversorgung und zum Energieverbrauch. Weitere Informationen zum KfW-Energiewendebarometer finden Sie unter: www.kfw.de/energiewendebarometer
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