All Stories
Follow
Subscribe to KfW

KfW

KfW Gründungsmonitor 2023: Gründungen im Spannungsfeld zwischen Fachkräftemangel und Corona-Blues

Frankfurt am Main (ots)

  • Rückgang der Existenzgründungen um 9% auf 550.000
  • Geringerer Konjunkturimpuls und gut laufender Arbeitsmarkt bremsen
  • Frauenanteil mit 37% leicht unter Niveau des langfristigen Durchschnitts gesunken

Die Zahl der Gründungen in Deutschland ist im Jahr 2022 deutlich um 57.000 (-9%) auf 550.000 zurückgegangen, wie der neue KfW-Gründungsmonitor von KfW Research zeigt. Insgesamt sinkt die Gründungsaktivität mit 108 Gründungen je 10.000 Menschen im Alter von 18-64 Jahren damit wieder auf die Nähe ihres historischen Tiefstands vom ersten Coronajahr 2020 (104), nachdem sie sich 2021 kurzzeitig erholt hatte (119). Zum Rückgang im Jahr 2022 beigetragen haben ein im Vergleich zum Vorjahr verringerter konjunktureller Impuls sowie der gut laufende, von Fachkräftemangel geprägte Arbeitsmarkt, der potenziellen Gründerinnen und Gründern attraktive Erwerbsalternativen bietet. Eine 2022 mit 4,5% der Erwerbsfähigen leicht höhere Quote von Gründungsplanern (2021: 4,1%) lässt eine im laufenden Jahr 2023 stabile Gründungstätigkeit erwarten, wenn auch das gesamtwirtschaftliche Umfeld herausfordernd bleibt.

Positive Entwicklungen gibt es 2022 hinsichtlich der Motivation für die berufliche Selbstständigkeit: Die Zahl der Gründerinnen und Gründer, die in der Selbständigkeit für sich die beste Erwerbsalternative sehen, hat sich fast verdoppelt auf 95.000 (+86%). Dass diese so genannten Wunschgründungen trotz der guten Lage am Arbeitsmarkt so deutlich zulegen, könnte auch mit einem in der Coronapandemie gestiegenen Interesse an beruflicher Neuorientierung vieler Menschen zusammenhängen. Der Anteil von Gründungen aus der Arbeitnehmerschaft heraus hat 2022 nochmals zugelegt und ist mit 73% so hoch wie nie. Arbeitslosigkeit vor der Gründung wird immer seltener (6%).

Die Zahl der Gründungen von Frauen ist nach Anstiegen in den beiden Vorjahren wieder gefallen und liegt 2022 bei 205.000 (-20%). Die Zahl der Gründer hat sich kaum verändert (345.000; -1%). Gründerinnen kommen damit 2022 auf einen Anteil von 37% an allen Gründungen, das liegt leicht unter dem langjährigen Durchschnittswert. Es zeigt sich, dass Anstiege des Gründerinnenanteils bisher nur kurzfristige Schwankungen um den langjährigen Durchschnittswert waren. Die nachhaltige Erhöhung des Gründerinnenanteils ist dagegen eine Herausforderung, die einen langen Atem braucht und früh ansetzen muss: Etwa beim Aufbrechen von Geschlechterklischees oder bei der frühzeitigen Vermittlung unternehmerischen Wissens.

Die Corona-Krise, die die Nachteile traditioneller Geschäftsmodelle und -prozesse deutlich aufzeigte, wirkt weiter nach: Die Anteile digitaler und internetbasierter Gründungen sinken gegenüber dem Vorjahr zwar leicht, bleiben 2022 mit 29% bzw. 35% (2021: 31% bzw. 41%) überdurchschnittlich hoch. Bei innovativen und wachstumsorientierten Gründungen bleibt ein Schub weiterhin aus. Sie liegen mit 10% und 22% knapp unter den langjährigen Durchschnitt.

Weitere zentrale Ergebnisse des KfW-Gründungsmonitors sind:

  • Das strukturelle Problem des von Nachfolgesorgen geplagten Mittelstands, dass Unternehmensübernahmen nur einen kleinen Teil der Gründungen ausmachen, bleibt weiterhin bestehen: Die meisten Existenzgründungen sind Neugründungen, sprich die Unternehmen gab es rechtlich wie organisatorisch vorher nicht. Mit 86% erreicht ihr Anteil 2022 ein neues Allzeithoch (2021: 85 %).
  • Der Arbeitgeberanteil an den Gründungen hat 2022 im Vorjahresvergleich um 13 Prozentpunkte auf 34% zugenommen - angesichts der sehr guten Arbeitsmarktsituation und der Nachteile, die Gründungen gegenüber etablierten Unternehmen bei der Personalgewinnung haben, ist das eine unerwartete Entwicklung. Ein tieferer Blick in die Daten zeigt denn auch, dass Gründer im langfristigen Vergleich derzeit tatsächlich häufiger von Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung berichten - und viele auf familiäre Unterstützung zurückgreifen. Ein Teil des Anstiegs der Arbeitgeberquote dürfte auf mitarbeitende Familienangehörige zurückgehen.
  • Die Gründungstätigkeit wurde 2022 zum Großteil durch die Gründerinnen und Gründer eigenfinanziert. Bei zwei Drittel (65%) aller Existenzgründungen wurde ausschließlich Kapital der Gründerpersonen eingesetzt. Externes Kapital wurde von 18% der Gründer mobilisiert.
  • Für die Bestandsfestigkeit von Existenzgründungen lässt sich mit dem KfW-Gründungsmonitor ableiten, dass rund 30% der Gründerinnen und Gründer binnen drei Geschäftsjahren ihre Existenzgründung wieder beenden. Nach fünf Jahren sind noch knapp 60% aktiv. Die Abbruchgründe sind vielfältig. Der weitaus größte Teil der Gründerinnen und Gründer (32%) bricht in den ersten 5 Jahren aus persönlichen Gründen ab, ohne unmittelbaren wirtschaftlichen Zwang - also etwa wegen familiärer Belastung, Stress, Krankheit, Unzufriedenheit mit dem erzielten Einkommen. Wegen Unwirtschaftlichkeit scheiden binden 5 Jahren 24% der Gründungen aus.

"Im Spannungsfeld zwischen Fachkräftemangel und Coronablues sinkt die Gründungstätigkeit in Deutschland", fasst Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, die zentralen Ergebnisse des KfW-Gründungsmonitors zusammen. "Die Entwicklung des Arbeitsmarkts beeinflusst hierzulande traditionell stark die Gründungstätigkeit. Denn die Fokussierung auf die angestellte Beschäftigung in Deutschland ist groß. Es sieht so aus, als ob der Corona-Blues den Wunsch nach beruflicher Neuorientierung und damit zur Gründung bestärkt hat, ob das so bleibt, muss sich noch zeigen. Jedenfalls beginnt die Fokussierung auf eine angestellte Beschäftigung schon früh, etwa bei der Berufsberatung von Schülerinnen und Schülern. Hier braucht es dringend ein Umdenken- trotz oder vielleicht auch gerade wegen des Fachkräftemangels".

Der neue KfW-Gründungsmonitor ist abrufbar unter www.kfw.de/gruendungsmonitor

Pressekontakt:

KfW, Palmengartenstr. 5 - 9, 60325 Frankfurt
Kommunikation (KOM), Christine Volk,
Tel. +49 (0)69 7431 3867, Fax: +49 (0)69 7431 3266,
E-Mail: Christine.Volk@kfw.de, Internet: www.kfw.de

Original content of: KfW, transmitted by news aktuell

More stories: KfW
More stories: KfW
  • 25.05.2023 – 10:51

    KfW-Konjunkturkompass Frühling: Erholung mit angezogener Handbremse

    Frankfurt am Main (ots) - - KfW Research erwartet für 2023 Wachstumsrate des deutschen BIP von -0,3 %; für 2024 von 1,0 % - Deutsche Inflationsrate 2023 bei 6,3 %; 2024 bei 2,4 % - Ökologisches Preisschild: Treibhausgasausstoß 2023 5 %, 2024 6 % über dem angestrebten Zielpfad Nach einer technischen Rezession im Winterhalbjahr dürfte die Wirtschaft ab dem ...

  • 17.05.2023 – 09:00

    KfW Research: VC-Investitionen in "grüne" Startups in Deutschland legen zu

    Frankfurt am Main (ots) - - Seit 2009 starker Anstieg der Climate-Tech Finanzierungen in Deutschland - Höchstwert von 2,6 Mrd. EUR im Jahr 2021, Rückgang auf 1,6 Mrd. EUR in 2022 im Zuge des Abschwungs an den weltweiten VC-Märkten - Dealvolumen bezogen auf die am Markt aktiven Start-ups in den USA rund das 4,7 fache höher als in Deutschland ...

  • 16.05.2023 – 10:00

    VC-Geschäftsklima bleibt leicht verbessert auf sehr niedrigem Niveau

    Frankfurt am Main (ots) - - Aktuelle Lage etwas schlechter, aber Erwartungen deutlich optimistischer - Insolvenz der Silicon Valley Bank belastet Marktklima - Stimmung bezüglich Zinsniveau auf Kapitalmärkten auf neuem Rekordtief Auf dem deutschen Venture Capital-Markt hat sich das Geschäftsklima im ersten Quartal 2023 leicht verbessert. Das German Venture Capital ...