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Streit um Kosten für Megaprojekt zur Kernfusion
Reaktor in Frankreich soll Europa in zwei Jahren über eine Milliarde mehr kosten
Grüne fürchten Nachteile für Entwicklung erneuerbarer Energien

Berlin (ots)

Das Forschungsvorhaben zur Energiegewinnung durch Kernfusion wird nach Berechnungen der EU deutlich teurer. Das berichtet die taz-Wochenendausgabe. Der Internationale Thermonukleare Experimentelle Reaktor (Iter) benötigt in den Jahren 2012 und 2013 insgesamt 1,3 Milliarden mehr als geplant. Aus Entwürfen der EU-Kommission geht hervor, dass die Löcher im Budget durch nicht genutzte Mittel für die Landwirtschaft und andere Forschungsmittel gestopft werden sollen.

Der Iter ist eines der größten Forschungsprojekte der Welt. Die EU baut den Reaktor im südfranzösischen Cadarache gemeinsam mit anderen Staaten für rund 16 Milliarden Euro. Ursprünglich sollte er nur fünf Milliarden kosten. Nach dem Prinzip der Wasserstoffbombe sollen die Wasserstoffisotope Tritium und Deuterium verschmelzen und dadurch Energie freisetzen.

Die Grünen-Politikerin Rebecca Harms fürchtet, dass die Kostensteigerung bei der Kernfusion den erneuerbaren Energien schadet. "Der Iter kannibalisiert andere Forschungsvorhaben", sagte die Vorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament der taz. Der FDP-Abgeordnete Jorgo Chatzimarkakis kritisierte die Kostensteigerungen: "Wir wollen zurück zu den alten Zahlen."

Der technische Direktor des Iter in Frankreich, Remmelt Haange, sprach von einer "heiklen Lage". Es gebe jetzt allerdings eine Deckelung der Kosten. "Also halten wir sie ein, Basta". Er verteidigte die Kernfusion als Energiequelle der Zukunft: "Fusion ist naturgegeben, es gibt sie Milliarden Mal - auf der Sonne, auf jedem Stern. " Der Staatssekretär im Bundesforschungsministerium Georg Schütte teilte auf Nachfrage der taz mit, die Kernfusion sei "eine langfristige Option für die Energieversorgung", mit der vor 2050 nicht zu rechnen sei.

Der Pariser Energie-Fachmann Mycle Schneider kritisierte hingegen das Projekt: "Das ist eine gigantische Geldvernichtung, ein Beschäftigungsprogramm für arbeitslose Physiker".

Ein Ausstieg aus dem Iter-Projekt wäre kompliziert. Allein durch Verträge mit Baufirmen und dem eigenen Personal wären insgesamt rund 4,5 Milliarden Euro fällig, hat die Brüsseler Kommission errechnet. Diese Schätzung schließe "mögliche Schadenersatzklagen Dritter nicht ein", schreiben die Autoren eines internen Papiers von 2010. Auch das bereits ausgegebene Geld von "mehr als einer Milliarde Euro" sei noch nicht eingerechnet.

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