taz: Kommentar zu Forderungen nach Dürrehilfen für Bauern
Berlin (ots)
Agrarwende statt Subventionen
Jetzt schreit der Deutsche Bauernverband wieder nach Staatsgeld: Wegen des trockenen Sommers sollen Bund und Länder eine Milliarde Euro an Bauern mit besonders niedrigen Ernten zahlen. Diese Forderung sollte die Politik nicht erfüllen.
Denn neue Subventionen würden Druck von der Mehrheit der Bauern und ihrer Lobby nehmen, sich einzugestehen, dass sie für eine falsche Agrarpolitik kämpfen. Bislang suchen sie ihr Heil im Export: Sie wollen Getreide für Ägypten, Milchprodukte für China, Fleisch für Russland produzieren. Diese Exportorientierung erweist sich als Bumerang für die hiesigen Bauern.
Schließlich führen die offenen Märkte dazu, dass trotz der geringen Produktion in Deutschland die Getreidepreise zu wenig steigen, um in den Bilanzen der Bauern die geringe Erntemenge auszugleichen. Die Kurse für viele Agrarprodukte werden nicht in Deutschland festgelegt, sondern an Börsen beispielsweise in Chicago oder Paris. Die Händler dort interessiert es kaum, dass die Bauern in Brandenburg oder Niedersachsen dieses Jahr weniger Getreide ernten als zuletzt. Der Markt wird dann eben stärker von Farmern in den USA beliefert. So bleiben die Preise für die Bauern niedrig.
Die EU kann nun auch nicht ihre eigenen Getreideproduzenten vor Konkurrenz schützen, da sie selbst in Drittstaaten verkauft. Wer neue Märkte in anderen Ländern öffnen will, muss auch seine eigenen Importbeschränkungen reduzieren.
Die aktuelle Krise zeigt: Bauernverband, Bundesregierung und Europäische Union müssen eine Wende in der Agrarhandelspolitik einleiten. Sie sollten weniger auf den Export und stärker etwa auf höhere Zölle für Importe setzen. Dann würden die Bauern hier auch wieder genügend Geld für ihre Ware erhalten, wenn die hiesige Produktion zurückgeht.
Bisher haben die meisten Landwirte diesen Zusammenhang nicht erkannt. Falls der Staat ihnen jetzt durch Krisensubventionen die Verantwortung für ihr eigenes unternehmerisches Verhalten abnimmt, haben sie noch weniger Anlass, ihre Position zu ändern. Autor: Jost Maurin
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