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Nationaler Ethikrat legt Stellungnahme
"Prädiktive Gesundheitsinformationen beim Abschluss von Versicherungen" vor

Berlin (ots)

Nach intensiven Beratungen veröffentlicht der
Nationale Ethikrat am heutigen Donnerstag seine Stellungnahme zu 
prädiktiven Gesundheitsinformationen im Versicherungswesen.
Gegenstand dieser Stellungnahme ist die Frage, inwieweit es 
zulässig sein soll, dass Versicherungsunternehmen den Abschluss bzw. 
die Prämienhöhe privater Personenversicherungsverträge von der 
Erhebung und Nutzung prädiktiver Gesundheitsinformationen der 
Antragsteller abhängig machen. Die Stellungnahme bezieht sich nicht 
auf gesetzliche Versicherungen, z. B. die gesetzliche Kranken- oder 
Rentenversicherung.
Mit genetischen Untersuchungen, aber auch mit anderen 
diagnostischen Verfahren der modernen Medizin können gesundheitliche 
Risiken oder Krankheiten lange vor ihrer Manifestation vorhergesagt 
werden. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Ethikrat, dass die im 
Folgenden genannten Regelungen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte 
des Antragstellers nicht nur auf Ergebnisse genetischer 
Untersuchungen, sondern auch auf Ergebnisse anderer vorhersagender 
Untersuchungen (z. B. bildgebende Verfahren, biochemische und 
elektrophysiologische Methoden) angewendet werden.
Der Versicherer sollte nur Informationen zur Gesundheit des 
Antragstellers erheben dürfen, insofern sie für den einzelnen 
Versicherungsvertrag erforderlich sind und sich aus den Angaben des 
Antragstellers konkrete Hinweise auf Vorerkrankungen, aktuelle 
Erkrankungen, gegebenenfalls auch Fragen des gesundheitsrelevanten 
Lebensstils ergeben.
Der Ethikrat befürwortet die Aufrechterhaltung der freiwilligen 
Selbstverpflichtungserklärung, derzufolge die Mitgliedsunternehmen 
des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. - 
bisher bis zum 31. Dezember 2011 - auf die Mitteilung und 
Berücksichtigung der dem Antragsteller bekannten Ergebnisse von 
prädiktiven genetischen Tests verzichten. Das Moratorium sollte 
jedoch auf prädiktive genetische Informationen ausgedehnt werden, die
der Antragsteller auf andere Weise als durch eine molekular- oder 
zytogenetische Untersuchung erworben hat, etwa aus biochemischen 
Untersuchungen oder der Familienanamnese.
Eine allgemeine Befragung der behandelnden Ärzte ohne konkrete 
Hinweise auf eine Krankheit oder ein Krankheitsrisiko sollte 
unzulässig sein. Eine Entbindung von der Schweigepflicht und die 
Auskunft der behandelnden Ärzte müssen sich auf einen konkreten 
Sachverhalt beziehen, zu dem der Versicherer im Rahmen der 
Risikoprüfung Auskunft verlangen darf.
Das Recht der Versicherer, zur Risikoprüfung eine medizinische 
Untersuchung des Antragstellers zu verlangen, ist deutlich 
einzuschränken. Bei "normalen" Versicherungsverträgen (ohne 
ungewöhnlich hohe Versicherungssummen) sollten Untersuchungen und 
Erhebungen zur Ermittlung von bestehenden Krankheiten und 
gesundheitlichen Risiken, die dem Antragsteller nicht bekannt sind 
und für die es keine konkreten Hinweise aus der Vorgeschichte oder 
aufgrund seines gegenwärtigen Zustands gibt (sog. Suchverfahren), 
grundsätzlich ausgeschlossen sein. Das gilt insbesondere auch für 
Fragen nach der Familienanamnese. Als "normale" Versicherungsverträge
sollten Verträge zur Deckung der im Krankheitsfall entstehenden 
Kosten für die ärztliche Behandlung und andere Heilmaßnahmen gelten 
sowie Verträge, bei denen die Versicherungsleistung in einer 
einmaligen Kapitalauszahlung, einer Altersrente, Berufs- oder 
Erwerbsunfähigkeitsrente oder in einer Pflegerente bis zu einer 
bestimmten Höhe besteht.
Die hier für den "Normalfall" der Versicherung geforderten 
Beschränkungen des Frage- und Untersuchungsrechts der Versicherer 
sollten nicht gelten, wenn Versicherungsleistungen oberhalb des 
Üblichen vereinbart werden sollen.
Um die in dieser Stellungnahme empfohlenen Beschränkungen der 
Erhebung und Nutzung voraussagender Gesundheitsinformationen beim 
Abschluss privater Personenversicherungen zur Geltung zu bringen, 
bedarf es nicht zwingend einer umfassenden gesetzlichen Regelung. Die
Rechtsprechung kann durch Interpretation des bestehenden Rechts im 
Sinne der Empfehlungen wirken. Auch kann die Versicherungswirtschaft 
die Empfehlungen faktisch umsetzen und in der Praxis durch 
Mustervertragsbedingungen und Selbstverpflichtungserklärungen 
verlässlich machen.
Die Stellungnahme "Prädiktive Gesundheitsinformationen beim 
Abschluss von Versicherungen" ist online verfügbar unter 
http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/stellungnahmen.html .

Pressekontakt:

Ulrike Florian
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Nationaler Ethikrat
Jägerstrasse 22/23
D-10117 Berlin

Tel: +49 +30 203 70-246
Fax: +49 +30 203 70-252
E-Mail: florian@ethikrat.org
URL: http://www.ethikrat.org

Original content of: Deutscher Ethikrat, transmitted by news aktuell

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