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Graf Lambsdorff: Nur weniger Zentralismus kann die EU retten

Potsdam-Babelsberg (ots)

"Das französische und niederländische
'Nein' zum Europäischen Verfassungsvertrag ist nicht das Ende der EU,
sondern eine neue Chance", betonte Otto Graf Lambsdorff, Vorsitzender
der Friedrich-Naumann-Stiftung, anlässlich der heutigen
Vorstandssitzung in Potsdam. Auch wenn dies einige Vertreter der EU
noch nicht gemerkt hätten und auf Neuabstimmungen beständen, so
Lambsdorff weiter, sei der Ratifizierungsprozess politisch gestorben.
Dem englischen Premierminister Tony Blair sei zuzustimmen: Dieser
Prozess muss abgebrochen werden.
Lambsdorff: "Den Gegner des Vertrags wird vorgehalten, dass sie
aus gegensätzlichen und inkohärenten Gründen das Projekt verworfen
haben. Abgesehen davon, dass dies bei den Befürwortern, die den
Vertrag entweder als Bollwerk des europäischen Wohlfahrtsstaats oder
als Liberalisierungsmotor anpreisen, auch der Fall war, bleibt
festzuhalten: Gerade die Vielfalt der Ablehnungsgründe zeigt den
tieferen strukturellen Grundfehler des Verfassungsvertrags. In vielen
Grundfragen haben die europäischen Völker sehr unterschiedliche
politische Präferenzen. Sie über einen Kamm zu scheren, führt zu
breitem Misstrauen und zu schleichender Delegitimierung gegenüber der
EU. Deshalb brauchen wir weniger Zentralismus und mehr echte
Subsidiarität."
Der vorgelegte Verfassungsvertrag definiere die Kompetenzen der EU
gegenüber den Mitgliedstaaten und -regionen immer noch sehr vage. Er
sei kein hinreichender Schutz vor zentralistischen Übergriffen und
vor der Übertragung von Aufgaben an die EU in Fällen, wo andere
Ebenen dies besser könnten.
Der Vorstand empfiehlt, die bestehenden Verträge primär in
Hinblick auf die konsequente Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips zu
überarbeiten. Hier liege das Kernproblem. Der Entwurf enthalte
durchaus positive Ansätze - etwa die Stärkung der nationalen
Parlamente bei Beschlussfassungen in der EU oder das Austrittsrecht.
Diese gelte es auszubauen. Gerade nach der Erweiterung der EU - eine
ihrer größten Erfolgsgeschichten - sei Europa noch bunter und
vielfältiger geworden. Der Glaube, man könne angesichts dieser
Tatsache Integration und Zentralisierung als Selbstzweck betreiben,
sei ein Irrglaube. Wer mehr Erweiterung wolle, dürfe die 'Vertiefung'
nicht als heilige Kuh betrachten.
verantwortlich:
Kirstin Balke
Pressesprecherin
Friedrich-Naumann-Stiftung
Truman-Haus
Karl-Marx-Str. 2
14482 Potsdam-Babelsberg
Postfach 900 164
14437 Potsdam
Telefon  03 31/70 19-277 
Telefax  03 31/70 19-286
E-Mail   kirstin.balke@fnst.org
Internet  www.fnst.org

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