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SoVD: Pflegebedürftige müssen bei Qualitätsstandards mitentscheiden

Berlin (ots)

Zum Referentenentwurf der Pflegereform erklärt
SoVD-Präsident Adolf Bauer:
Der Referentenentwurf zum Pflege-Weiterentwicklungsgesetz enthält 
Licht und Schatten. Der SoVD sieht positive Ansätze, hat aber bei 
zahlreichen Details erhebliche Bedenken. In folgenden Punkten sieht 
der SoVD Nachbesserungsbedarf:
1. Der SoVD fordert ein Mitentscheidungsrecht der 
Pflegebedürftigen bei Qualitätsmaßstäben
Grundsätzlich gilt, dass Qualitätsmaßstäbe nicht verhandlungsfähig 
sind, sondern nur Ergebnis pflegewissenschaftlicher Erkenntnisse sein
können. Gleichwohl sieht die Pflegereform vor, dass die Anbieter der 
Pflegeleistungen, die Pflegekassen und die Kommunen gemeinsam über 
die Qualitätsmaßstäbe entscheiden, die Vertreter der 
Pflegebedürftigen aber lediglich beteiligt werden. Damit wird ein 
ungleiches Kräfteverhältnis zementiert. Es darf nicht über die Köpfe 
der Pflegebedürftigen hinweg entschieden werden. Der SoVD fordert, 
dass die Interessenvertreter der Pflegebedürftigen gleichberechtigt 
über Qualitätsmaßstäbe mitentscheiden.
2. Fallmanagement
Die Pflegekassen sind bereits jetzt zur umfassenden, individuellen 
Beratung der Pflegebedürftigen verpflichtet, sie kommen dieser 
Aufgabe aber nur unzureichend nach. Wie dieses Umsetzungsdefizit 
behoben werden soll, wenn das Fallmanagement den Pflegekassen 
übertragen wird, ist unklar. Der SoVD hält es für grundlegend 
problematisch, das Fallmanagement bei den Pflegekassen anzusiedeln. 
Der SoVD fordert eine unabhängige Beratung, die nicht von den 
Interessen eines Kostenträgers beeinflusst ist.
3. Pflegezeit
Wir begrüßen, dass mit der Pflegereform ein Vorschlag des SoVD für 
die Einführung einer Pflegezeit aufgegriffen wird. Die Pflegezeit ist
ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der häuslichen Pflege und zur 
besseren Vereinbarkeit von Pflege und Berufstätigkeit. In einigen 
Punkten sieht der SoVD beim Referentenentwurf noch 
Nachbesserungsbedarf: Der SoVD fordert, dass die Pflegezeit für alle 
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten muss, also auch für 
Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten. Der SoVD fordert zudem, 
dass die Pflegezeit auch für die Sterbebegleitung gelten muss.
Der SoVD sieht außerdem Nachbesserungsbedarf bei der Regelung zur 
Rentenversicherung. Wer die Pflegezeit in Anspruch nimmt, ist nur 
dann in der Rentenversicherung abgesichert, wenn der Pflegebedürftige
in einer Pflegestufe eingruppiert ist. Die Pflegezeit kann aber auch 
in Anspruch genommen werden, wenn eine Pflegebedürftigkeit absehbar 
ist, aber noch keine Pflegestufe vorliegt. Es muss sichergestellt 
werden, dass die Weiterversicherung in der Rentenversicherung für 
alle gilt, die eine Pflegezeit in Anspruch nehmen.
4. Dynamisierung
Die geplante Dynamisierung der Leistungen ist ein richtiger Schritt, 
aber nicht ausreichend. Die geplante Erhöhung reicht nicht aus, um 
die fehlende Dynamisierung und die Preisentwicklung der letzten Jahre
auszugleichen. Die für 2015 geplante Dynamisierung kommt für die 
Betroffenen zu spät. Der SoVD fordert eine jährliche Dynamisierung 
der Pflegeleistungen ab 2012.
5. Veröffentlichung der Prüfberichte
Es ist überfällig, dass die Prüfberichte des MDK in verständlicher 
Form öffentlich gemacht werden. Damit entsteht für Pflegebedürftige 
und ihren Angehörigen erstmals Transparenz über die Qualität von 
Pflegeheimen und ambulanten Diensten. Damit wird eine langjährige 
Forderung des SoVD erfüllt. Der SoVD lehnt es aber ab, dass die 
Pflegeanbieter das Recht erhalten sollen, über die Art der 
Veröffentlichung der Prüfberichte mitzuentscheiden.
6. Stärkere Kontrollen der Pflegeeinrichtungen
Derzeit werden Pflegeheime und ambulante Dienste ca. alle fünf Jahre 
kontrolliert; künftig sollen sie alle drei Jahre kontrolliert werden.
Das ist immer noch zu wenig. In drei Jahren kann sich vieles ändern. 
Der SoVD fordert jährliche Kontrollen, die grundsätzlich unangemeldet
erfolgen müssen. Der SoVD lehnt es ab, dass sich der Prüfturnus 
verlängert, wenn sich die Pflegeeinrichtung einer "hauseigenen" 
Prüfung unterzieht.
7.  Recht auf Pflegekräfte des eigenen Geschlechts
Der SoVD fordert, dass dem berechtigten Wunsch von Pflegebedürftigen 
nach einer Pflegekraft des eigenen Geschlechts entsprochen werden 
muss.
Die Neuregelung in § 2 des Referentenentwurfs ist ein Rückschritt 
gegenüber dem in § 9 Abs.1 SGB IX verankerten Wunsch- und Wahlrecht. 
In § 2 des Referentenentwurfs heißt es: "Wünsche der 
Pflegebedürftigen nach gleichgeschlechtlicher Pflege sollen nach 
Möglichkeit Berücksichtigung finden." Damit werden die berechtigten 
Interessen der Pflegebedürftigen nach einer Pflegekraft gleichen 
Geschlechts den organisatorischen Belangen der Pflegeeinrichtung 
untergeordnet. Das ist nicht akzeptabel.
8. Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen
Der SoVD fordert, dass die Charta der Rechte hilfe- und 
pflegebedürftiger Menschen einschließlich der Begründung in die 
Pflegereform aufgenommen wird.  Die Charta der Rechte hilfe- und 
pflegebedürftiger Menschen muss verbindliche Leitlinie für 
Pflegeheime und ambulante Dienste werden. Die Charta wurde vom Runden
Tisch Pflege im September 2005 verabschiedet. Der Runde Tisch Pflege 
wurde im Herbst 2003 durch das BMFSFJ und das BMGS initiiert.
Die elfseitige Stellungnahme des SoVD zum Referentenentwurf der 
Pflegereform finden Sie unter www.sovd.de
V.i.S.d.P.: Dorothee Winden

Pressekontakt:

Kontakt:
Dorothee Winden
SoVD-Bundesverband
Pressestelle
Stralauer Str. 63
10179 Berlin
Tel.: 030/72 62 22 129/ Sekretariat -123
Fax: 030/72 62 22 328
E-Mail: pressestelle@sovd.de

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