Jugendstudie 2020 der TUI Stiftung - Junge Deutsche: Solidarisch gegen Corona und für mehr Europa
Berlin (ots)
Die Akzeptanz für die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ist unter jungen Deutschen sehr hoch. Das zeigt die Jugendstudie der TUI Stiftung, für die junge Menschen zwischen 16 und 26 Jahren vom Meinungsforschungsinstitut YouGov befragt wurden. Über die Hälfte (52 Prozent) von ihnen hält die Maßnahmen für angemessen. Ein Fünftel von ihnen hält sie für übertrieben (12 Prozent "eher übertrieben" und sieben Prozent "übertrieben"), ein weiteres Fünftel für nicht ausreichend (18 Prozent "eher nicht ausreichend" und fünf Prozent "nicht ausreichend"). Vor allem die befragten jungen Frauen halten die Maßnahmen für nicht ausreichend (26 Prozent, während nur 18 Prozent der Männer diese Einschätzung teilen). Der Ansicht, dass die Maßnahmen übertrieben sind, stimmen eher männliche (22 Prozent) als weibliche (15 Prozent) Befragte im Alter von 16 bis 26 Jahren zu.
Wer sich an die Maßnahmen hält, tut dies vor allem, um die Gesundheit der Mitmenschen zu schützen. 89 Prozent der Befragten halten diesen Aspekt für wichtig. Den Schutz der eigenen Gesundheit (79 Prozent) oder Strafen bei Missachtung (61 Prozent) bewerten junge Deutsche als weniger wichtige persönliche Gründe. Der Schutz älterer Menschen dürfte hierbei eine besondere Rolle spielen. Sowohl die öffentliche Debatte wie auch die mediale Berichterstattung haben diesen Aspekt immer wieder hervorgehoben.
"Junge Deutsche unterstützen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Sie sind sich ihrer Verantwortung für die Gesundheit ihrer Mitmenschen bewusst. Und sie wünschen sich trotz Corona-Krise ein stärker integriertes Europa. Diese Einstellungen sind ermutigend. Wir benötigen sie, damit Europa die Krise nicht einfach nur bewältigt, sondern gestärkt aus ihr hervorgeht. Die hohe Akzeptanz für die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie ist dabei eine wichtige Voraussetzung. Die große Mehrheit - 83 Prozent - der jungen Deutschen hält sich nach eigener Aussage an alle oder überwiegend an die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Lediglich zwei Prozent geben an, sie zu missachten," sagt Thomas Ellerbeck, Vorsitzender des Kuratoriums der TUI Stiftung.
Alle Deutschen sind von den Beschränkungen betroffen, die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie umgesetzt werden. Die Jugendstudie der TUI Stiftung zeigt, dass jungen Menschen insbesondere Home Schooling und Home Office schwergefallen sind. Das sagen 20 Prozent der 16 bis 26 Jährigen und nur sechs Prozent der Erwachsenen ab 27 Jahre. Die Daten zeigen zudem, dass sich insbesondere die sehr jungen Befragten mit geschlossenen Schulen und Fernunterricht schwertun. 29 Prozent der 16 bis 20 Jährigen stimmen der Aussage zu, in der Altersgruppe 21 bis 26 Jahre sind es 14 Prozent. Neben den Arbeits- und Bildungsmöglichkeiten sind es aber vor allem die sozialen Gelegenheiten, die den Jungen fehlen. Andere Einschränkungen, die jungen Menschen schwergefallen sind: die Reduzierung der sozialen Kontakte (42 Prozent der 16 bis 26 Jährigen/ 52 Prozent der Erwachsenen ab 27 Jahre), Einschränkungen in der Freizeit wie die Schließung von Sportveranstaltungen und Restaurants (40 Prozent/35 Prozent) sowie der Verzicht auf Reisen und Urlaub (32 Prozent/ 36 Prozent).
62 Prozent der Befragten und damit 7 Prozentpunkte weniger als im Jahr 2019 waren in der Befragung im Januar 2020 mit Blick auf ihre persönliche Situation eher optimistisch eingestellt. Auch wenn für 58 Prozent der Befragten sich die Aussichten im September 2020 nicht grundsätzlich verändert haben, so stimmen 26 Prozent von ihnen der Aussage zu, dass sich ihre generelle Zukunftseinschätzung seit der Corona-Pandemie verschlechtert haben. Für zehn Prozent der Befragten hat sie sich verbessert.
Verstärkt Corona Generationen - und Geschlechterkonflikte?
Unmittelbar vor dem Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland war der Konflikt zwischen den Generationen für junge Deutsche stärker relevant als für andere junge Europäer. Nur vier Prozent nahmen "gar keinen Konflikt" zwischen Jung und Alt wahr (dieser Wert lag im Januar 2020 in Spanien bei 21 Prozent, in Frankreich bei 15 Prozent). Als "ziemlichen" oder "sehr starken" Konflikt wurden die Auseinandersetzungen zwischen Jung und Alt von 54 Prozent der Befragten in Deutschland gesehen. Das ist ein signifikant hoher Wert im Vergleich mit den durchschnittlich 43 Prozent in den sieben befragten europäischen Ländern. Der Eindruck junger Menschen in Deutschland, dass die Politik eher die Interessen älterer Generationen verfolgt, war im europäischen Vergleich bereits zu Beginn des Jahres hoch und hat sich infolge der Pandemie noch einmal verstärkt. So sagten im September 48 Prozent der jungen Deutschen, dass die Politik eher die Interessen der älteren Generation berücksichtigt (im Januar waren es 44 Prozent), gleichzeitig ging die Zahl derjenigen zurück, für die Politikerinnen und Politiker eher die Interessen der jüngeren Generation berücksichtigen (zehn Prozent im Januar 2020, acht Prozent im September).
Der Politikwissenschaftler Marcus Spittler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung hat die Jugendstudie wissenschaftlich begleitet. Er warnt davor, die Generationen gegeneinander auszuspielen:"Junge Erwachsene, die aktuell ihre wichtigsten Sozialisationserfahrungen machen, wird die Pandemie langfristig prägen. Die Studie hat gezeigt, junge Deutsche sind bereit sich an die Einschränkungen zu halten und finde diese sogar angemessen. Allerdings, das zeigt der europäische Vergleich, ist es um das Verhältnis zwischen den Generationen in Deutschland nicht besonders gut gestellt. Man kann also nur davor warnen, die Generationen gegeneinander auszuspielen."
Im Vergleich zum Anfang des Jahres wird in Deutschland zudem der Interessenkonflikt zwischen Männer und Frauen verstärkt wahrgenommen - insbesondere von den weiblichen Befragten zwischen 16 und 26 Jahren. 45 Prozent der jungen Frauen sehen starke Interessenkonflikte zwischen den Geschlechtern, bei den jungen Männern stimmen 30 Prozent dieser Aussage nach sechs Monaten Corona zu. Insgesamt betrachtet sagten im Januar 31 Prozent der Befragten, dass sie starke Interessenskonflikte zwischen den Geschlechtern sehen, während es im September 2020 37 Prozent waren. Im Vergleich der verschiedenen Konflikte - unter anderem zwischen politisch rechts und links stehenden Personen, zwischen Jung und Alt oder zwischen Arm und Reich - ist das die stärkste Zunahme seit Beginn des Jahres.
Europa: Trotz Corona ist Umwelt- und Klimaschutz wichtigstes EU-Thema für junge Deutsche und Europäer
Die Corona-Pandemie hat Gesundheitspolitik in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Zu Beginn des Jahres hat YouGov im Rahmen der ersten Befragungsrunde der Jugendstudie der TUI Stiftung - wie auch in den vergangenen Jahren - die für junge Europäer wichtigsten politischen Themen der EU abgefragt. Wird nach sechs Monaten Corona-Pandemie die Gesundheitspolitik von jungen Menschen als das wichtigste politische Thema der EU gesehen? Zwar hat sie bei jungen Deutschen seit Anfang des Jahres leicht hinzugewinnen können (von 16 Prozent im Januar auf 18 Prozent im September). Doch an den grundlegenden Prioritäten hat Corona seit Beginn des Jahres nur wenig ändern können: Auch im September halten die befragten 16 bis 26 Jährigen den Umwelt- und Klimaschutz als das wichtigste politische Thema der EU (55 Prozent im Januar, 51 Prozent im September), vor Migration und Asyl (45 Prozent zu Beginn des Jahres, 41 Prozent im September).
Die Geschäftsführerin der TUI Stiftung, Elke Hlawatschek, kommentiert: "Junge Menschen sind offenbar in dieser Ausnahmesituation solidarischer als die öffentliche Debatte das derzeit widerspiegelt. Die Bilder von den Corona-Partys finden keine Entsprechung in den Zahlen. Wir sollten den Beitrag der jungen Menschen zur Bekämpfung der Pandemie anerkennen und wertschätzen. Es stellt sich die Frage, ob sich Erwachsene nicht mit den Jungen in der Generationenfrage ihrer Zeit - dem Schutz von Klima und Umwelt - stärker solidarisieren sollten, um Brücken zu bauen."
Die Zahlen bestätigen einen langfristigen Trend, wie er sich in den Jugendstudien der TUI Stiftung seit 2017 zeigt: den kontinuierlichen Aufstieg des Thema Umwelt- und Klimaschutz als wichtigstes politisches Problem der EU für junge Europäer. Auch in den anderen befragten europäischen Ländern beherrschte das Thema die europäische Agenda. Seit 2019 verzeichnet es starke Zuwächse: in Großbritannien von 32 Prozent in 2019 auf 51 Prozent in 2020, in Frankreich von 34 Prozent auf 46 Prozent und in Polen von 19 Prozent auf 46 Prozent.
Ein weiterer Trend wird durch Corona verstärkt: Seit Beginn der Befragungen für die Jugendstudie der TUI Stiftung nimmt der Anteil der jungen Menschen in Deutschland ab, für die das aktuelle Verhältnis zwischen der EU und ihren Mitgliedländern "genau richtig ist". Stimmten dieser Aussage in 2017 noch 23 Prozent der deutschen 16 bis 26 Jährigen zu, waren es in 2019 dann 21 Prozent. Dieser Anteil fiel von Januar 2020 bis September 2020 von 23 Prozent auf 19 Prozent. Gleichzeitig wünschen sich mehr Befragte eine engere Beziehung zwischen den EU-Ländern. Die Zustimmung dazu stieg von 40 Prozent im Jahr 2017 auf 48 Prozent im September 2020 (46 Prozent im Januar 2020).
Diese latente Unzufriedenheit mit dem Status Quo des europäischen Projektes zeigt sich auch bei einem sehr stark diskutierten Thema: der eigenständigen Aufnahme von Gemeinschaftsschulden durch die EU. Nur eine Minderheit von 14% lehnt diese ab. Ein gutes Drittel der Befragten (35%) befürwortet die EU-Schuldenaufnahme und 28 Prozent verhält sich neutral zu diesem weitreichenden Beschluss. Allerdings können 23 Prozent der jungen Deutschen dazu keine Aussage treffen, für sie ist es ein schwer zu fassendes Thema.
Hintergründe zur Studie
Um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Einstellungen der jungen Deutschen zu messen, wurden vom 07.09.2020 bis zum 15.09.2020 in Deutschland 1.011 junge Menschen befragt. Eine zweite Befragung fand Anfang des Jahres statt: Seit dem Jahr 2017 führt die TUI Stiftung die Studie "Junges Europa" durch, um die Lebenswelt, Identität und politischen Einstellungen junger Menschen in Europa besser verstehen zu können. Dazu wurden vom 06.01.2020 bis zum 27.01.2020 mehr als 6000 junge Menschen in den folgenden Ländern befragt: Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland, Polen. Auf der Webseite der TUI Stiftung sind alle Ergebnisse aus der Januarbefragung veröffentlicht. In der vorliegenden Pressemitteilung sowie im Bericht unter dem Titel "Junges Deutschland in Zeiten von Corona" werden sowohl die aktuellen Zahlen aus der Septemberbefragung wie auch relevante Zahlen aus der Januarbefragung veröffentlicht. Ausgewählte europapolitische Fragen vom Januar wurden im September in die Befragung aufgenommen, um Vergleiche zu ermöglichen.
Über die TUI Stiftung
Die TUI Stiftung fördert und realisiert Projekte rund um das Thema "Junges Europa". Ihr Ziel ist es, den Europagedanken zu stärken. Deshalb investiert sie langfristig in regionale, nationale und internationale Projekte mit den Schwerpunkten Bildung, Ausbildung sowie individuelle und berufliche Entwicklung. Sie hat ihren Sitz in Hannover und ist als eigenständige und unabhängige Stiftung dem Gemeinwohl verpflichtet.
Pressekontakt:
Ansprechpartner
Christian Rapp, Leiter Kommunikation
Tel. +49 (0) 170 566 6028
christian.rapp@tui.com
Original content of: TUI AG, transmitted by news aktuell