Lausitzer Rundschau: Qualitätslücke auf dem Lausitzer Ausbildungsmarkt Das Problem der Visionslosen
Cottbus (ots)
Das steht außer Frage: Es gibt in der Lausitz eine Menge engagierte und clevere junge Menschen, die Lust darauf haben, etwas aus ihrem Leben zu machen, sich beruflich zu verwirklichen. Sie werden von Unternehmern in der Region mit offenen Armen empfangen, denn die Fachkräfte werden knapp, für guten Nachwuchs will frühzeitig gesorgt sein. Wer in der Lausitz bleiben will, hat in diesem Jahr deutlich bessere Chancen als in den Vorjahren, eine Lehrstelle zu finden. Trotzdem reicht das Angebot noch lange nicht für alle. Und so verlassen die mobilen, flexiblen jungen Menschen die Lausitz meist am schnellsten. Unter denen, die bleiben, sind nicht nur solche, die ihrer Heimat aus Liebe und Überzeugung nicht den Rücken kehren wollen. Unter den Hier-Bleibern sind auch zahlreiche Visionslose. Junge Menschen, die schon in ihrer Schulzeit den Glauben daran verlieren, dass sie eine Chance im Leben haben, wenn sie sich anstrengen. Schulterzuckend stehen sie vor ihrer Zukunft. Lustlos und ziellos verkörpern sie die Botschaft: Hartz IV ist auch Geld. Dass es diese jungen Menschen gibt, darf niemanden erstaunen. Sie sind das Produkt einer Reihe von gesellschaftlichen Unzulänglichkeiten. Viele Jugendliche sind seit Jahren zu Hause die Einzigen, die morgens zeitig aufstehen müssen. Wenn Mutter und Vater langzeitarbeitslos sind, wer zeigt dann, was das Arbeitsleben ausmacht? Wer bringt den jungen Menschen bei, dass Erfolge im Job glücklich machen? Wen wundert es, dass unzählige, vergebliche Bewerbungen von Eltern auch deren Kinder mutlos werden lassen? Doch die Visionslosen sind auch das Produkt eines Bildungssystems, in dem die frühkindliche Erziehung eine zu geringe Rolle spielt, eines Systems, das seit Jahren immer wieder umgebaut wird und in dem Kontinuität fast zum Fremdkörper verkommt. Wenn mit Bildungsansätzen experimentiert wird oder Kinder die Schule wechseln müssen, weil Einrichtungen wegen sinkender Schülerzahlen geschlossen werden, ist es nicht erstaunlich, wenn das Lernen in den Hintergrund tritt. Es gibt seit Jahren eine Menge Initiativen, um jungen Menschen in der Lausitz eine Perspektive zu geben. Die Lehrstellen-Aktion, die die RUNDSCHAU auch in diesem Jahr erfolgreich zusammen mit 20cent und den Cottbuser Wirtschaftskammern angeboten hat, ist nur eine davon. Zahlreiche Projekte beschäftigen sich damit, Schule und Wirtschaft enger zu verknüpfen, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen und Kinder früher und besser auf das (Berufs-)Leben vorzubereiten. Sie alle sind jedoch zwecklos, wenn Jugendliche nicht ihren Schalter umlegen und begreifen: Sie selbst sind die Gestalter ihres Lebens. Wer keine Ziele hat, der muss sich nicht wundern, dass er keine erreicht.
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