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Lausitzer Rundschau: 17 Jahre deutsche Einheit Im Übergang

Cottbus (ots)

Das vereinheitlichte Deutschland, das jetzt in
sein 18. Jahr kommt, ist ein seltsamer Gemischtwarenladen. Da gibt es
für jeden etwas, aber es ist lange nicht alles nach jedermanns 
Geschmack. Immerhin ist der nicht länger in der gewohnten Weise 
sortiert. Das Land scheint sich endlich zu lösen von dem West-Ost 
Gegensatz, der seit dem Kriegsende alles zu bestimmen schien.
Da gibt es jetzt tatsächlich Gegenden im Osten, die stehen ganz gut 
da, besser allemal als die Armutshäuser im Westen. Die 
Arbeitslosenstatistik taugt nicht mehr zum Nachzeichnen der einst 
alles prägenden Grenze, jedenfalls nicht mehr im sattsam bekannten 
Ausmaß Bremen hat jetzt eine höhere Erwerbslosenquote als Thüringen.
Politisch werden wir in den nächsten Monaten im Westen den Einzug in 
die Landtage und Rathäuser einer aus der SED-Restmasse gespeisten 
Linkspartei mitverfolgen können, allen voran in der allerwestlichsten
Landeshauptstadt, in Saarbrücken.
Es findet jetzt auch plötzlich die überfällige Debatte statt um die 
DDR, um Verantwortung und Schuld. Und dabei kommt tatsächlich die 
Frage vor ein Millionenpublikum, wie Menschen in Ost und West 
gleichermaßen wegschauen konnten, nicht wahrhaben wollten, was 
geschah an Verbrechen unter der Herrschaft der SED.
Es ist etwas aufgebrochen, zerbrochen an scheinbar 
Selbstverständlichem in den letzten Monaten. Es ist der langsame 
Abschied vom liebgewordenen Denken. Der Westen hatte sich ja 
mehrheitlich damit abgefunden, dass da noch etwas ist im Osten, was 
ihm viel zu teuer kommt und schon deswegen nicht mehr teuer ist. Und 
der Osten trotzte konsequent zurück. Es sollte sich keiner anmaßen zu
glauben, es gebe etwas zu verbessern, wenn man sich so gründlich 
damit abgefunden hat, dass es schlecht genug ist. Das steht jetzt 
nebeneinander, das zur Tradition gewordene Mißtrauen und die 
tatsächliche, widersprüchliche Lage.
Die wesentlichen Fragen bleiben dabei zunächst offen. Was 
Deutschlands Soldaten auf anderen Erdteilen sollen, wieviel einer 
bekommen muss, der sich tagtäglich abrackert, wo der starke Staat und
die Menschenwürde nicht mehr zusammenpassen - bei den Antworten 
darauf ist Deutschland weiter denn je entfernt von der Einheit.
Das Land lebt im Übergang, und wird regiert von einem erklärten 
Auslaufmodell. Aber diese Ungewissheit ist auch ein Segen. Sie war 
längst überfällig. Es ist 17 Jahre nach der ordentlich verhandelten 
Einheit höchste Zeit für einen soliden Streit um die Zukunft. Dabei 
wird dann auch endlich klar werden, dass es nicht zwei, sondern vier 
Himmelsrichtungen gibt.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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