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Lausitzer Rundschau: Zur Halbzeitbilanz von Schwarz-Rot in Berlin Großes Belauern

Cottbus (ots)

Die Regierungserklärung, die Angela Merkel vor
zwei Jahren abgab, war voller guter Vorsätze. Sie gipfelte in dem 
Ausruf "Koalition der neuen Möglichkeiten". Heute, genau zur 
Halbzeit, muss man bilanzieren, dass die Möglichkeiten nicht genutzt 
wurden und Neues nicht in Sicht ist. Das Fazit ist: Union und SPD 
bleiben sich belauernde Schwergewichte. Sie können nur taktisch 
miteinander auskommen, aber das Land nicht entscheidend voranbringen.
Man muss gönnen können in jeder Koalition, in einer großen zumal. 
Angela Merkel hat selten gegönnt. Ihr Führungsverhalten war 
vielleicht geschickt, aber nicht weise. Nicht als sie dem 
Außenminister einen Fototermin nach dem anderen wegnahm, nicht als 
sie bei der Gesundheitsreform ihre Zusage einer stärkeren 
Steuerfinanzierung auf Druck der Unions-Ministerpräsidenten wieder 
zurückzog, nicht, als sie sich beim Mindestlohn zu einer 
Hinhaltetaktik entschloss.
 Die SPD, im Dauertief, gönnt der Kanzlerin nun ihrerseits das 
Siegertreppchen nicht mehr. Und schon wird aus dem Belauern ein 
früher Dauerwahlkampf, mit Sticheleien und hochgradig nervösen 
Reaktionen.
Diese Große Koalition hat von der Substanz gelebt, von den Reformen 
der Vorgängerregierung und vom Aufschwung, der Geld in die Kassen 
spülte. Sie hat keine gravierenden Fehler gemacht, immerhin. Aber, wo
ist Deutschland wirklich strukturell besser aufgestellt als vor zwei 
Jahren? In der Bildung? Sie bleibt Sache der Ländereitelkeiten - 
außer bei der Kleinkindbetreuung, wo Ursula von der Leyen Mut gezeigt
hat. Bei den Finanzen? Gefüllte Kassen, aber leere Geldbeutel der 
Konsumenten. In der Sozialpolitik? Der Aufschwung kommt längst nicht 
bei allen an. Die Zahl der prekären Arbeitsverhältnisse nimmt zu. Und
Pflege- wie Krankenversicherung sind nicht zukunftsfester geworden. 
In der Klimapolitik? Ja, hier gibt es Fortschritt, aber nicht so 
schnell, wie er bei mehr Entschlossenheit sein könnte.
Eine Nation mit Optimismus und Risikobereitschaft ist Deutschland in 
den zwei Jahren nicht geworden. Weil auch die Regierung diese 
Eigenschaften nicht ausstrahlte. Die Hoffnungen, die die Bevölkerung 
anfangs in die Große Koalition gesetzt hatte, sind zerstoben. Das 
"Wer hatte das gedacht", mit dem Merkel sich und ihr Kabinett vor 
zwei Jahren im Bundestag selbst bestaunte, ist einem enttäuschten 
"Wer hat wirklich daran geglaubt" gewichen. Und wird nach vier 
Jahren, wenn es so weitergeht, "Nicht noch einmal" heißen.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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