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Lausitzer Rundschau: Vor 75 Jahren gelangte Hitler an die Macht Noch lange nicht vorbei

Cottbus (ots)

Fünfundsiebzig Jahre sind eine lange Zeit. Ein
ganzes Menschenleben liegt zwischen dem Tag, an dem Adolf Hitler zum 
Reichskanzler ernannt wurde und heute. Ist es da nicht an der Zeit zu
sagen, das ist vorbei, und wendet sich anderen Dingen zu?
Es ist noch lange nicht vorbei. Denn über die Ursachen und 
Hintergründe des Übergangs von der Weimarer Republik zu einer 
brutalen, verbrecherischen Diktatur gibt es mehr Unkenntnis und 
Legenden als Wissen. Das zeigen Umfragen zum Thema nicht nur unter 
Jugendlichen.
Und je weniger Wissen über Struktur und Ideologie des NSDAP-Staates 
vorhanden ist, um so leichter haben es Rechtsextremisten mit und ohne
Parteibuch, Anhänger zu finden. Denn wer sich mit dem aktuellen 
braunen Rand der Gesellschaft befasst, stößt unweigerlich auf viele 
historische Parallelen zum Hitler-Regime.
Da ist zum Beispiel das Völkische. Der von den Nazis geprägte Begriff
der Volksgemeinschaft, der sich der Einzelne unterzuordnen hat. Die 
Volksgemeinschaft hat bei der NPD einen festen Platz. Und zur 
Volksgemeinschaft gehört dabei natürlich nur, wer deutschen Blutes 
ist. Deutsche mit einem Elternteil aus Afrika oder Asien haben in 
diesem rassistischen Weltbild keinen Platz, von eingebürgerten 
Einwanderern, auch in der zweiten Generation, ganz zu schweigen.
Vom Rassismus zum aktuellen Antisemitismus der rechtsradikalen Szene 
ist es nur ein kleiner Schritt.
Das reicht vom verschwörerischen Suggerieren einer jüdischen 
Steuerung und Unterwanderung des Weltkapitalismus und dem Anbiedern 
an die Machthaber des Mullah-Regimes im Iran bis zu einem offen zur 
Schau getragenen Hass auf Israel. Manchmal wird sogar offen der 
Holocaust geleugnet, wie durch den ehemaligen NPD-Anwalt Horst 
Mahler.
Und der Rechtsextremismus von heute ist nicht zu trennen von dem 
Versuch, die Verbrechen des Dritten Reiches zu leugnen oder 
wenigstens zu relativieren. Deshalb ist der Friedhof von Halbe, auf 
dem die Toten der letzten großen Kesselschlacht des Zweiten 
Weltkrieges liegen, so interessant für das rechtsradikale 
Heldengedenken.
Dass die deutsche Wehrmacht dort zusammen mit Einheiten der Waffen-SS
noch einmal erbittert gegen die Rote Armee kämpfte und dabei auch 
unzählige Zivilisten ums Leben kamen, bietet den Stoff für zynischen 
Geschichtsrevisionismus.
Die deutschen Truppen werden dabei vom Angreifer und gelegentlichen 
Handlanger beim nationalsozialistischen Völkermord zum Verteidiger 
Westeuropas gegen den Bolschewismus umetikettiert. Aus Tätern werden 
Opfer und Helden.
Wenn Deutschland aber nicht Schuld wäre am Zweiten Weltkrieg und wenn
es die Judenvernichtung gar nicht gegeben hätte, dann könnte man doch
ganz unbefangen über die vermeintlich guten Seiten des NS-Staates 
reden, über Autobahnbau und Mutterkreuz.
Damit das nicht passiert, muss man noch lange an die Machtübernahme 
Hitlers und deren Folgen erinnern.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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