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Lausitzer Rundschau: Ypsilanti bläst Machtkampf ab Blamage zur rechten Zeit

Cottbus (ots)

Das Abenteuer einer rot-grünen
Minderheitsregierung unter maßgeblicher Mitwirkung der Linkspartei 
ist in Hessen in letzter Minute abgeblasen worden. Und zwar von jener
umstrittenen SPD-Frau, die es riskieren wollte: Für Andrea Ypsilanti 
ist das Eingeständnis ein politisches Debakel. Aber auch Parteichef 
Kurt Beck kommt nicht unbeschadet aus der Affäre heraus. Schließlich 
war es der Pfälzer persönlich, der den Wortbruch mit Brachialgewalt 
in seiner Partei durchboxen wollte. Als weitsichtiger Stratege wird 
er nicht in die sozialdemokratische Geschichte eingehen, um es 
diplomatisch zu formulieren.
 Und trotzdem kommt die Blamage für die Sozialdemokraten zur rechten 
Zeit. Man stelle sich nur vor, Ypsilanti wäre bei der geheimen Wahl 
zur Ministerpräsidentin Anfang April ins offene Messer gelaufen. Nun 
ist sie dem Simonis-Tod gerade noch von der Schippe gesprungen. Dafür
sollte Ypsilanti der Landtagsabgeordneten Dagmar Metzger dankbar 
sein. Im Gegensatz zum politischen Königsmord in Kiel, der anonym in 
Szene gesetzt worden war, hat Metzger mit offenem Visier gekämpft und
so ihre Partei vor einem noch schlimmeren Schaden bewahrt. Was bleibt
von der großen Aufregung der vergangenen Wochen übrig? Eine 
angeschlagene SPD-Chefin in Hessen, die als 
Ministerpräsidenten-Kandidatin verbrannt ist, weil ihr nicht einmal 
die eigene Truppe folgt. Ein düpierter Kurt Beck und eine Partei, die
sich lächerlich gemacht hat. Vor der CDU, aber auch vor dem Wähler. 
Roland Koch kann sich auf die Schenkel klopfen. Im Lichte des 
Ypsilanti-Rückziehers wirkt seine Wahlniederlage vor sechs Wochen 
jetzt beinah wie ein Sieg. Es zeigt sich aber auch ganz deutlich, 
dass die rot-rote Normalität im Osten noch längst nicht auf die alten
Länder übertragbar ist. Das umso mehr, weil Ypsilanti den Tabubruch 
mit einem klaren Wortbruch einleiten wollte. Dabei unterlag sie dem 
fundamentalen Irrtum, dass die Anti-Koch-Stimmung automatisch eine 
Pro-Ypsilanti-Haltung sein müsse. Hätte die Spitzengenossin schon vor
der Hessen-Wahl eine mögliche Kooperation mit den Linken angedeutet, 
dann wäre das Wahlergebnis für die SPD vermutlich schlechter 
ausgefallen.
 Und die Linkspartei? Für sie ist es keineswegs ein Makel, dass sich 
die Blütenträume von einer stillen Machtteilhabe in Hessen nicht 
erfüllen. Die Westlinken sind ohnehin mehr auf Opposition als auf 
Verantwortung gebürstet. So dürfte auch den Gysis und Biskys manche 
Peinlichkeit erspart geblieben sein.
 Die politische Entwicklung selbst lässt sich allerdings nicht mehr 
zurückdrehen. Auch wenn das Hessen-Experiment grandios gescheitert 
ist, wird die SPD ihr Verhältnis zu den Linken im Westen klären 
müssen. Die zurückliegenden Wochen haben lediglich gezeigt, wie man 
es nicht machen darf. Normalerweise müsste Kurt Beck in dieser 
Situation seinen Hut nehmen. Doch ihn rettet die Tatsache, dass die 
SPD auf absehbare Zeit keine personelle Alternative an ihrer Spitze 
hat.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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