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Lausitzer Rundschau: Bundestag beschließt Extra-Zuschlag für Rentner Abkehr vom Reformpfad

Cottbus (ots)

Wenn sich die Große Koalition mit einer guten Tat
schmücken will, dann nutzt sie dafür die Kernzeit der Beratungen im 
Bundestag, also die erste Tageshälfte. So ist ihr die gewünschte 
öffentliche Aufmerksamkeit sicher. Beim gestrigen Beschluss zur 
überplanmäßigen Aufbesserung der Renten war Union und SPD offenbar 
nicht an großem Rummel gelegen. Die Abstimmung ging erst am 
Nachmittag zwischen zwei Debatten zur Bahn und dem 
Betäubungsmittelgesetz über die Bühne. Ein Schelm, wer da an 
Beruhigungspillen denkt. Denn mit der vorübergehenden 
Außerkraftsetzung der Rentenformel hat sich Schwarz-Rot eine Menge 
Ärger eingehandelt. Der nicht durch die Lohnentwicklung gedeckte 
Rentenzuschlag von 1,1 Prozent ist zu gering, um die ältere 
Generation wirklich zu beglücken. Und gleichzeitig zieht die 
Koalition auch noch ihre eigenen politischen Vorsätze in Zweifel. Im 
Wettbewerb um die Wählergunst hat die SPD gerade erst klar gemacht, 
dass sie eine Senkung der Sozialbeiträge für dringlicher hält als die
Reduzierung der Steuerlast. Aber durch den Extrazuschlag kann der 
Rentenbeitrag nun erst später und weniger deutlich gesenkt werden als
ursprünglich geplant. Politik aus einem Guss? Fehlanzeige.
 Dabei verdeckt der umstrittene Coup, dass die Rentenkasse der 
einzige Sozialversicherungszweig ist, der bisher einer grundlegenden 
Reformkur unterzogen wurde und deshalb noch am ehesten vor den 
Herausforderungen der Zukunft bestehen kann. Die Kehrseite der 
Medaille darf allerdings auch nicht unerwähnt bleiben: Zur Sicherung 
eines Lebensstandards nach den Maßstäben der heutigen 
Rentnergeneration taugt das reformierte System in absehbarer Zeit 
immer weniger. Wer ein Arbeitsleben lang nur mäßig verdient und damit
geringe Beiträge eingezahlt hat, wird später kaum mehr als eine 
Mindestabsicherung bekommen. Deshalb gewinnt die private 
Altersvorsorge an Gewicht. So wäre es politisch an der Zeit, über 
eine Riester-Pflicht nachzudenken, anstatt es nur bei mahnenden 
Appellen zu belassen. Darüber hinaus sollte der Kreis der 
Rentenversicherten ausgeweitet werden. Es ist nicht einzusehen, warum
etwa Selbstständige mit geringem Einkommen überhaupt keine Vorsorge 
fürs Alter betreiben müssen, aber für Arbeitnehmer eine 
Versicherungspflicht besteht.
 Doch was tut die Große Koalition? Mit ihrem jüngsten Rentenbeschluss
weicht sie vom eingeschlagenen Reformpfad ab. Niemand wird den 
Rentnern ein paar Euro mehr missgönnen. Im Kern geht es jedoch um das
Vertrauen in die gesetzliche Rentenkasse, das ohnehin nicht 
sonderlich ausgeprägt ist und durch den willkürlichen Eingriff von 
Schwarz-Rot weiteren Schaden nimmt. Das weiß auch die Koalition. 
Deshalb hat sie die Beschlussfassung tief in der Tagesordnung des 
Bundestages vergraben.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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