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Lausitzer Rundschau: Die G8 und die Welternährungskrise Egoisten und Verantwortung

Cottbus (ots)

Selbst auf dem Papier kriecht der Fortschritt nur
wie eine Schnecke. Vom "ernsthaft prüfen" im vergangenen Jahr in 
Heiligendamm haben sich die G8 in diesem Jahr zur "Vision" 
vorgekämpft, den CO2-Ausstoß bis 2050 weltweit zu halbieren. Ein 
großes Lob an George W. Bush, der erkannt hat, dass nach ihm sowieso 
die Sintflut kommt. Eine große Anerkennung auch an Angela Merkel, die
immer wieder mit viel Charme dafür sorgt, dass es in den 
Abschluss-Kommuniqués vorangeht. Aber nun kommt die Realität, und die
ist noch langsamer. In der Realität erklären China und Indien noch am
Tagungsort, dass sie die Vision zwar teilen, zunächst aber nicht die 
Anstrengungen der Umsetzung, weil sie erstmal weiter wachsen müssten.
In der Realität betteln die G8-Führer bei der Opec im gleichen 
Atemzug um mehr Öl. In der kleineren Realität bettelt auch Merkel bei
der EU um den Schutz der deutschen Autoindustrie vor allzu strengen 
Reduktionsvorgaben. Und in der noch kleineren Realität gelingt es 
dank einer Intervention von Wirtschaftsminister Glos der 
Bundesregierung in ihrem Energiesparpaket nicht, Vermieter zur 
Energiesanierung anzuhalten. Nur Marburg, nun sind wir ganz 
kleinteilig, schreibt seinen Hausbesitzern Ökosanierung vor. Wird 
Marburg die Welt retten, wenn es die G8 nicht tun?
 Solche Widersprüche zwischen großen Worten und kleinen Taten gibt es
viele bei den G8. Lokal ist die Welt oft schon weiter, als die G8 es 
global sind. Bei der Entwicklung der Nahrungsmittelpreise ist es der 
eigene Protektionismus, über den sie nur äußerst langsam 
hinwegkommen, bei Afrika ihre mangelnde Bereitschaft, den Zusagen 
auch konkretes Geld folgen zu lassen, bei den Finanzmärkten der 
fehlende Wille, den Spekulanten wirksame Schranken zu setzen. Die G8 
sind ein Club von Egoisten, der sich jährlich mit dem Vorsatz trifft,
den Egoismus durch Gruppendynamik zu überwinden, und es immer nur ein
Trippelschrittchen weit schafft.
 Aber andererseits: Wir haben nur diesen Club. In dieser Welt ist er 
der einzige, der wirtschaftlich in der Lage ist, Verantwortung zu 
tragen. Er ist die einzige Chance der Rückgewinnung politischer 
Handlungs- und Steuerungsmöglichkeiten in einer chaotisch 
verlaufenden Globalisierung. Also muss darüber geredet werden, wie er
verbindlicher werden kann. Ohne Erweiterung geht das nicht. G8, das 
ist die alte Welt, mächtig noch, aber schrumpfend. G5, China, Indien,
Mexiko, Südafrika, Brasilien, ist die neue, die wachsende Welt. Noch 
sperrt sich der alte Club gegen Neuzugänge. Noch wartet man die 
Entwicklung wie immer ab. Und so bekommen die Schwellenländer beim 
nächsten Gipfel in Italien zunächst nur etwas mehr Gesprächsraum 
eingeräumt. Der Fortschritt ist eben eine Schnecke. Aber, das ist der
Trost, auch Schnecken kommen voran.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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